Gemeindestreit in Ostfriesland: Die Pastorin mag Spülmaschinen

Im friesischen Stapelmoor streiten Pastorin und Kirchenrat über die Rolle der Frauen in der Gemeinde – nun werfen beide das Handtuch.

Die Pastorin Barbara Wündisch-Kunz steht vor einem Backsteinhaus

Noch in Stapelmoor, aber nicht mehr lange: Pastorin Barbara Wündisch-Kunz Foto: Privat

HAMBURG taz | Die Pastorin Barbara Wündisch-Konz hat eine Ausbildung als Mediatorin – aber der Konflikt mit der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Stapelmoor, wo sie seit 2019 arbeitet, ist dennoch eskaliert. So sehr, dass sie sich nun im 60 Kilometer entfernten Krummhörn beworben hat.

Die Pastorin kritisiert, dass junge Frauen in der Gemeinde nicht zum Zug kommen. Für sie eine sprechende Episode: Vor vielen Jahren musste die Gemeinde eine gespendete Spülmaschine zurückschicken, so erzählt es Wündisch-Konz, weil der Kirchenrat fand, dass die Kommunikation zwischen den Frauen zusammenbreche, wenn sie nicht mehr gemeinsam den Abwasch machten. Der Vorfall sei zwar alt, „aber heute ärgern sich die Frauen immer noch darüber“, sagt die Pastorin.

Studiert hat sie evangelische Theologie in Tübingen, Berlin und Jerusalem. Sie lebte 20 Jahre in Frauenbeziehungen, in denen sie auch zwei Kinder groß zog. In der Zeit entstand ihr Buch „Mein Gott – sie liebt mich“. Darin veröffentlichte sie Porträts lesbischer Frauen, die sich in ihrer Arbeit und ihrem Privatleben auf die Bibel beziehen, im positiven, wie auch im negativen Sinne. „Ich habe das Buch vor allem vor dem Hintergrund geschrieben, dass die Kirche Segnungen von Lesben und Schwulen verweigerte“, begründet Wündisch-Konz.

Nach ihrer Pfarrausbildung wurde sie aber nicht direkt Pastorin, sondern arbeitete zunächst 15 Jahre als Journalistin. „Ich habe schon immer gerne Geschichten erzählt“, sagt Barbara Wündisch-Konz. „Und ich wollte noch einen anderen Beruf kennenlernen.“ Sie arbeitete unter anderem bei der Frankfurter Rundschau, dem evangelischen Pressedienst und dem NDR, danach machte sie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für diakonische Einrichtungen und ein psychiatrisches Krankenhaus.

Patriarchale Strukturen sollen junge Frauen behindern

Aber dann zog es sie vom Journalismus zur Theologie. „Ich wollte immer schon Pastorin werden, nur direkt nach dem Vikariat hat es nicht gepasst.“ Auf die Stelle in Stapelmoor hat sie sich beworben, weil sie gern in Ostfriesland bleiben wollte. Vorher war sie lutherisch, doch die reformierte Kirche habe aufgrund der flachen Hierarchien und dem der reformierten Kirche eigenen jüdisch-christlichen Dialog „super gepasst“, weshalb sie konvertierte.

Zu Beginn ihrer Zeit in Stapelmoor war sie motiviert und freute sich, dass es in der Gemeinde so viele junge und aktive Frauen gab. Mit der Zeit änderte sich allerdings der Eindruck der neuen Pastorin. Wündisch-Konz hält den Kirchenrat für sehr traditionell und konservativ geprägt – so sehr, dass die „patriarchalen Strukturen“ junge Frauen behinderten, die sich gern gleichberechtigt in die Gemeinde einbringen und mit ihren eigenen Ideen auf Gehör stoßen wollen. „Veränderungen waren bisher schwierig bis gar nicht möglich“, sagt Wündisch-Konz.

Der Kirchenrat zeigte sich überrascht von der Kritik – gegenüber dem NDR hieß es, man habe erst aus der Presse davon erfahren. Wündisch-Konz sagt dagegen, sie habe die Kritik schon vor langer Zeit in Ratssitzungen geäußert. Am Mittwoch trat der Kirchenrat geschlossen zurück. Die Pastorin will dennoch die Gemeinde verlassen. Die verbleibende Zeit möchte sie nutzen, um vor allem junge Frauen zu empowern und veraltete Strukturen aufzubrechen.

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