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Widerstand im Wedding

Linke Initiativen diskutieren über die Vorteile und Herausforderungen von Stadtteilarbeit

von Peter Nowak

Nicht nur an den Imbissen rund um die Badstraße herrscht an diesem Freitagabend großer Andrang, sondern auch in dem linken Stadtteiladen in der Buttmannstraße 2. „Wedding zwischen Gentrifizierung und Widerstand“ lautet das Thema einer Diskussion, zu der die Berliner Mietergemeinschaft eingeladen haben. Im Vordergrund stand vor allem die Organisation von Widerstand an Treffpunkten im Kiez.

Der Laden in der Buttmannstraße wurde 2019 von der Kiezkommune Wedding eröffnet. Schon 2018 startete die Stadteilinitiative Hände weg vom Wedding (HwvW) ihre Nachbarschaftsarbeit in der Afrikanischen Straße 74 mit ihren Kiezladen Agnes Reinhold, benannt nach einer Weddinger Sozialistin des 19. Jahrhunderts. Die Konzepte der beiden Läden ähneln sich nicht zufällig. „Seit mehreren Jahren gibt es in der Weddinger außerparlamentarischen Linken die Diskussion, die eigene Blase zu verlassen und sich auf die Stadtteilorganisierung zu konzentrieren“, erklärte Johanna von Weddinger Kiezkommune. In der Stadteilinitiative HwvW sieht sie keine Konkurrenz. Gemeinsam geben beide Initiativen die Stadtteilzeitung Plumpe heraus, die Probleme von Mie­te­r*in­nen aufgreift.

Der Laden in der Buttmannstraße ist auch ein Ort feministischer Organisierung, berichtet Johanna. Wie in den vergangenen Jahren organisierte die Kiezkommune erneut im Vorfeld des Internationalen Frauentages eine feministische Stadteildemonstration. „Für uns als internationalistische Gruppe sind die feministischen Proteste in Chile der letzten Zeit ein großes Vorbild“, berichtet Johanna.

Im Weddinger Norden sind viele der Mietshäuser im Besitz der Unternehmensgruppe Convivo. Schon 2019 organisierte HwvW dort eine Mieter*innenbefragung. „Wir sind von Haustür zu Haustür gegangen. Anschließend trafen sich im Stadtteilladen einige Bewohner*innen, die konkrete Probleme mit der Wohnungsverwaltung hatten“, schilderte Stefan erste Organisierungansätze im Kiez.

Eine Kampagne machen reicht nicht

Als weiteres Beispiel nannte er den monatlichen Stammtisch für So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen im Kiezladen. „Dort tauschen sich Beschäftigte über ihre Probleme am Arbeitsplatz aus und diskutieren Widerstandsmöglichkeiten.“ Der Aktivist sprach aber auch die Probleme bei der Stadtteilarbeit an. „Das ist eine langfristige Aufgabe, und dazu braucht es viel Geduld. Es reicht nicht, eine Kampagne zu machen oder eine Demonstration zu organisieren.“

Der wahrscheinliche Regierungswechsel in Berlin spielte in der Diskussion nur am Rande eine Rolle. Manche der Be­su­che­r*in­nen hoffen, dass bei einer CDU-geführten Regierung der außerparlamentarische Widerstand wieder wächst. Die Berliner Mie­te­r*in­nen­be­we­gung habe in der letzten Zeit an Mobilisierungskraft verloren. Das könnte sich ändern, wenn eine CDU-SPD-Koalition die Forderungen des Volksbegehrens Deutsche Wohnen und Co. enteignen offen ignorieren sollte.

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