: Das Leben gehört uns
BUCH Ein Kinderarzt und eine Medizinjournalistin geben Tipps für Eltern krebskranker Kinder
„Das Leben gehört uns“ heißt der Titel eines gerade angelaufenen Kinofilms. Darin erzählt die Regisseurin Valérie Donzelli von einem jungen Paar, dessen kleiner Sohn an einem Gehirntumor erkrankt. Der Film verbindet das Thema Krankheit mit der Lebensfreude und Vitalität, die das um das Kind kämpfende Paar trotz aller Krisen nicht verliert. Diese Einstellung dürfte auch dem Kinderonkologen Genn Kameda gefallen: „Mich hat in meiner Arbeit als Arzt seit Langem die Frage beschäftigt, wie man Eltern, deren Kind an Krebs erkrankt ist, in einer positiven Rolle innerhalb des Therapieprozesses unterstützen kann. Denn Eltern wollen aktiv mitgestalten.“ So verfasste Kameda, der als Oberarzt in der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin am Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke arbeitet, zusammen mit der Hamburger Medizinjournalistin Annette Bopp das Buch „Unser Kind hat Krebs. Was können wir tun?“.
Darin lassen die Autoren Experten vom Kinderonkologen bis zum Kunsttherapeuten zu Wort kommen. „Ich wollte ein schönes Buch und keine Broschüre; eines, das Eltern anspricht und das sie gern als Begleiter auf dem Nachtisch liegen haben, in dem sie ihre Ängste und Sorgen erkennen“, erklärt Kameda. Herausgekommen ist ein anschaulicher Ratgeber mit vielen Farbfotos, einem Anhang mit Internetadressen und Buchtipps. Kapitel mit konkreten Vorschlägen zu den Themen Pflege, Ernährung, Bewegung und Strukturierung des Alltags wechseln sich ab mit Elternprotokollen und Experteninterviews.
So gibt das Buch Tipps für den Klinikalltag und zu Hause: beispielsweise wie Eltern mit einem Luftballon oder Theraband ein im Bett liegendes Kind in aktivierende Bewegungsspiele einbinden können, wie eine Fußeinreibung abends das Einschlafen unterstützt oder wie ein Kind trotz einer durch Chemotherapie entzündeten Mundschleimhaut gut essen kann. Einen besonderen Stellenwert in dem Buch hat die künstlerische Alltagsgestaltung. Kameda und Bopp geben Anregungen für gemeinsame kreative Tätigkeiten wie Singen, Vorlesen, Basteln und Malen.
In Deutschland erkranken jedes Jahr an die 1.800 Kinder unter 15 Jahren an Krebs. Wie tief die Erkrankung in die Familie eingreift und sie oft noch Jahre später belastet, erfuhr die Koautorin Annette Bopp in zahlreichen Interviews mit Eltern, deren Kinder an Krebs erkrankt waren bzw. sind. Aus dem Gesprächsmaterial entstanden neun berührende Elternprotokolle, die von Krankheit und Heilung, aber auch von Sterben und Tod erzählen.
Den Aspekt der anthroposophischen Medizin vertieft „Unser Kind hat Krebs“ in Interviews mit Kinderonkologen des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke. Dort erhalten krebskranke Kinder sowohl die ganz normale schulmedizinischen Therapien wie auch komplementärmedizinische Behandlungen. So können sich Interessierte in diesem Kapitel über Möglichkeiten wie Misteltherapie, Einreibungen, Massagen oder Kunsttherapie informieren.
HEIDE REINHÄCKEL
■ Annette Bopp, Genn Kameda: „Unser Kind hat Krebs. Was können wir tun?“ Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus, Stuttgart, 208 Seiten (geb.), 19,90 Euro
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen