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Offbeat-Alternativen in bester Konkurrenz zu Seeed: Culcha Candela und Ohrbooten

Zu den umfänglichen Werbebemühungen, die das neue Album von Culcha Candela begleiteten, gehörte auch die Möglichkeit, eine Kochstunde mit der Band zu gewinnen. Das passte ganz gut: Schließlich kann man mit einer aus dem Kulinarischen entlehnten Metapher wie Eintopf wohl am besten das siebenköpfige, multikulturelle Chaos beschreiben, das diese Band ausmacht.

In solch einer unübersichtlichen Situation dürfen sich die Protagonisten dann auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Denn auch wenn hier sechs Rapper um Stimmanteile konkurrieren, kennen sie alle doch nur ein einziges Lieblingsthema, nämlich die ewig währende Party. So werden auch auf ihrem viertem Album „Schöne neue Welt“ in allen verfügbaren Sprachen, neben Deutsch zumindest also Englisch, Spanisch und Berlinerisch („Somma in mei’m Kiez“), wieder mal „die Ladys“ und „die Chicas“ besungen, die wahlweise „Hammer“ sind oder „rassig“. Ansonsten wird festgestellt, dass man selbst „Bombe drauf“ ist oder sich fühlt wie „der King der Welt“. Hier reimt sich „Halligalli“ eben nun mal auf „Dalli Dalli“.

Im Refrain des Titelsongs fassen Culcha Candela kurz und bündig ihr Programm zusammen: „Was morgen kommt, ist scheißegal, wir feiern bis alles zerfällt“. Das ist im konkreten Fall zwar hintersinnig gemeint und auch ein bisschen kritisch, aber bringt doch ihre Qualitäten exakt auf den Punkt. Denn die textliche Eingeschränktheit mag auf Dauer zwar etwas ermüdend sein, aber musikalisch braucht man sich vor der lokalen Konkurrenz, also vor allem vor Seeed natürlich, nicht zu verstecken. Dancehall und Roots Reggae werden wieder sehr souverän mit härteren Dance-Beats und südamerikanischen Einflüssen erweitert, und mit „Nobody“ hat sich sogar eine melodramatische Ballade eingeschlichen.

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen die Ohrbooten bei grundsätzlich verschiedenen Voraussetzungen. Zwar kommt man von der Straßenmusik und baut deshalb auf traditionelle Instrumente, zudem ist man als Quartett grundsätzlich übersichtlicher: Doch auch die vier Ohrbooten, die sich angeblich immer mal wieder auf dem Boxhagener Platz spontan was steuerfrei dazuverdienen, adaptieren schon länger alles Offbeat-Ähnliche aus Jamaika, um diese Grundlage recht erfolgreich mit Einflüssen aus der Welt- und Rockmusik zu fusionieren.

So geht das auch wieder auf „Gyp Hop“, nämlich, wie Vorsänger Ben Pavlidis im Titelsong verkündet, „von Bob Marley bis Slipknot“. Letzteres ist zwar zum Glück gelogen, aber dafür wird auf diesem dritten Album die Ohrbooten-Idee leicht verwässert mit recht profanen Popsongs und Witzeleien, die klingen wie der „Bolero“. Damit allerdings begeben sich die Berliner endlich auf das Niveau der Scherze, mit denen sie traditionell schon immer in ihren Texten aufwarten zu müssen meinten. Auch diesmal fallen Sätze wie „Sex ist schlecht für den Penis“, aber immerhin werden solch eher schale Späße mit ausreichend Charme vorgetragen, um das Vergnügen nicht grundsätzlich zu trüben. THOMAS WINKLER

■ Culcha Candela: „Schöne neue Welt“ (Urban/ Universal). Das für 5. 9. auf der Zitadelle angekündigte Konzert verlegt auf 18. 10. Arena

■ Ohrbooten: „Gyp Hop“ (JKP/ Warner) Live 5. 9. Wasserfest, Neue Jüdenstr.

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