Ausbruch des Vulkans Mauna Loa auf Hawaii: Lavastrom stoppt die Klimamessung

Auf Hawaii spuckt der Vulkan Mauna Loa seit November wieder Lava und Asche. Das hat auch Auswirkungen auf eine der wichtigsten Klimaaufzeichnungen.

Ausbruch des Mauna Loa, Hawaii, USA

Aktiver Vulkan: Mauna Loa auf Hawaii am 8. Dezember 2022 Foto: xUSGSx

BERLIN taz | 38 Jahre hat er still gehalten, jetzt ist der 4.170 Meter hohe Vulkan Mauna Loa wieder ausgebrochen: Seit Ende November speit der „Lange Berg“ – wie Mauna Loa auf Hawaiisch heißt – Lava, Gestein und Asche. Seismologen hatten nach mehreren Erdbeben auf der hawaiianischen Hauptinsel zuvor den Ausbruch eines der größten aktiven Vulkane der Welt prognostiziert, Gefahr für die Gemeinden hangabwärts bestehe aber offenbar kaum.

Dafür hat der Ausbruch aber die Keeling-Kurve unterbrochen – eine der historisch bedeutsamsten Klimaaufzeichnungen der Welt. Seit Beginn der Messreihe im Jahr 1958 hat sich an der Ausrüstung und den Methoden, nach der die Wissenschaftler arbeiten, nichts Wesentliches verändert. Aktuell aber versperren Lavaströme den Zugang zum Observatorium, auch die Stromversorgung wurde gekappt, wie die University of California, San Diego, vermeldet, die die Messreihe mit betreut.

In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts hatte der junge Chemiker Charles Keeling an der US-Pazifikküste begonnen, mit einem selbst gebauten Manometer die Kohlendioxidkonzentration der Luft zu messen. Professor Roger Revelle wurde auf die Experimente aufmerksam und schickte Keeling 1957 nach Hawaii, um am Mauna Loa eine Messsystem aufzubauen. Die Lage des Laboratoriums ist für atmosphärische Untersuchungen ideal, die Höhenluft unterliegt kaum lokalen Einflüssen, die die Atmosphärenmessung verfälschen könnten – die nächsten Industrieschlote sind Tausende Kilometer weit weg. Charles Keeling war 2007 gestorben, heute betreut sein Sohn Ralph die Messreihe.

Keeling und sein Team nehmen normalerweise vier Proben pro Stunde. 1958 waren darin 315 Teile Kohlendioxid pro Million Teile Luft enthalten. 1970 waren es 324 dieser „parts per million“, abgekürzt ppm. Als die Klimarahmenkonvention 1992 beschlossen wurde, registrierten die Wissenschaftler bereits 354 ppm. Jahr für Jahr stieg die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre an, 2007 waren es 381 ppm.

Treibhausgasemissionen steigen auch 2022 wieder deutlich

Der letzte Messwert vom Ende November 2022 beläuft sich auf 417,51 ppm. Allerdings variiert der Messwert über das Jahr: Während des Sommers auf der Nordhalbkugel nimmt die Konzentration leicht ab: Die Vegetation der Nordhalbkugel ist umfangreicher als im Süden, deshalb wird der Atmosphäre durch die Photosynthese Kohlendioxid entzogen. Verlieren die Bäume im Norden dann ihre Blätter, steigt die Konzentration.

Insgesamt aber liegt der Jahresdurchschnitt der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration immer über dem des Vorjahres. Die Kurve flachte Anfang der 1990er Jahre leicht ab, der Zusammenbruch der energieintensiven Wirtschaften des Sozialismus schlug zu Buche. Laut Erhebung der Internationalen Energieagentur IEA wuchsen die energiebedingten Emissionen zuletzt auf rund 36,3 Milliarden Tonnen im Jahr 2021 an – eine Zunahme von über 2 Milliarden Tonnen binnen 12 Monaten oder 6 Prozent mehr. So rasant war die Konzentration noch nie gestiegen.

Das Forschungsnetzwerk Global Carbon Project rechnet damit, dass die Treibhausgasemissionen auch 2022 wieder deutlich angestiegen sind, nämlich um ein weiteres Prozent. Durch die Pandemie und die globale Energiekrise würden die Ergebnisse für dieses Jahr „Turbulenzen in den Emissionsmustern“ zeigen, wie die an der Arbeit beteiligte Klimaforscherin Corinne Le Quéré sagte. „Wir stehen an einem Scheidepunkt und dürfen nicht erlauben, dass die Geschehnisse in der Welt uns ablenken von der dringlichen und anhaltenden Aufgabe, unsere Emissionen zu senken und das globale Klima zu stabilisieren“, mahnte die Kanadierin, die Professorin an der britischen University of East Anglia ist.

In der vorindustriellen Zeit lag die CO2-Konzentration in der Atmosphäre bei rund 280 ppm, wie Rekonstruktionen etwa von Eisbohrkernen oder Einschlüssen ergaben. Oberhalb von 450 ppm droht laut Wissenschaftlern, dass die Erde sich demgegenüber um durchschnittlich 2 Grad aufgeheizt hat. Wann und ob die Messungen auf Hawaii wieder aufgenommen werden können, ist noch unklar. Ralph Keeling beschrieb die Aussichten als „sehr beunruhigend“. Der Geowissenschaftler: „Es ist ein großer Ausbruch an einem schlechten Ort.“

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