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Die Gaspreisbremse wird eingebaut

Angesichts der horrenden Energiekosten bringt die Bundesregierung zusätzliche Entlastungen für Bür­ge­r:in­nen und Unternehmen auf den Weg. Erste Punkte beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch

Auch mit Preisbremse: Heizen wird in diesem Winter erheblich teurer Foto: Ronstik/Panthemedia/imago

Von Hannes Koch

Welche Entlastung kommt im Dezember?

Die Gaskosten für den letzten Monat des Jahres fallen weg. „Für Dezember 2022 wird Haushalten und kleinen Unternehmen, die ihre Wärme aus Gas und Fernwärme erhalten, die monatliche Abschlagszahlung erlassen“, heißt es im Erläuterungspapier der Bundesregierung. Wie das im Detail abläuft, ist allerdings noch nicht klar. Einerseits sollen die Versorger die Dezemberbeträge bei Immobilienbesitzern und Firmenkunden nicht abbuchen, mit denen sie direkte Gaslieferverträge vereinbart haben. Falls das verwaltungstechnisch und zeitlich nicht zu schaffen ist, könnten die Kun­d:in­nen die Zahlungen auch selbst einbehalten. Dritte Variante: Wurde die Dezemberzahlung doch geleistet, muss sie im Januar 2023 verrechnet werden.

Mie­te­r:in­nen sollten dagegen damit rechnen, dass die Vermietenden die Dezember-Entlastung erst mit der Jahresabrechnung im Frühjahr 2023 weiterreichen. Der Bund der Verbraucherzentralen (VZBV) hält das für schlecht. „Mieterinnen und Mieter müssen die Entlastung für den Gaspreis unbedingt auch im Dezember erhalten“, sagt VZBV-Experte Thomas Engelke. Zahlen Mieterhaushalte bereits einen stark erhöhten Gasabschlag, können sie die Dezembersumme ebenfalls selbstständig einbehalten.

Wie und wann wirkt die ­Gaspreisbremse?

Neben der ausgesetzten Abschlagszahlung im Dezember ist die Gaspreisbremse der zweite Schritt. Sie soll ab März 2023 wirken, eventuell schon ab Februar. Dass die Ampelregierung das auch schafft, verlangt Unionsfraktionsvize Jens Spahn. Trotzdem bliebe eine Lücke im Januar. Gelten soll die Regelung bis April 2024. Unter anderem die Bundesländer, mit denen sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch traf, reden aber noch mit.

Dem bisherigen Regierungspapier zufolge sollen Privathaushalte und kleine Firmen „einen garantierten Gas-Bruttopreis von zwölf Cent pro Kilowattstunde“ (kWh) zahlen, egal wie hoch die Gaskosten an den Märkten noch steigen. 12 Cent sind allerdings auch schon das Zwei- bis Dreifache der früheren Beträge. Die Begrenzung gilt für 80 Prozent der bisherigen Verbrauchsmenge. Für mehr Gas müssen Kun­d:in­nen die hohen Preise zahlen. Damit will die Regierung sie zum Energiesparen anhalten. „Für Fernwärme liegt der garantierte Bruttopreis bei 9,5 Cent pro kWh“, heißt es im Eckpunktepapier. Die Haushalte und Firmen müssen die höheren Preise, die in ihren Verträgen stehen, zunächst zahlen und erhalten die Differenz als Prämie zurück. Wer mehr als etwa 74.000 Euro Jahreseinkommen (Single) hat, muss die Zahlung versteuern.

Welche Firmen kommen in den Genuss?

Neben den Privathaushalten gelten diese Regelungen für kleinere Betriebe, die weniger als 1,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen.

Und die großen Unternehmen?

Für Firmen mit höherem Gas­konsum soll die Preisbremse ab Januar 2023 gelten, was eine Bevorzugung gegenüber kleineren Betrieben darstellt. Außerdem gilt für sie ein niedrigerer Garantiepreis von 7 Cent pro kWh (netto) für 70 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs, wobei Großverbraucher auch unter normalen Umständen von günstigeren Preisen profitieren. „Bundesweit betrifft diese industrielle Gaspreisbremse etwa 25.000 Unternehmen sowie 1.900 zugelassene Krankenhäuser“, schätzt die Regierung. Bei Großunternehmen, die einen Anspruch auf mehr als 150 Millionen Euro Entlastung haben, muss die EU-Kommission zustimmen.

Wie sieht es beim Strom aus?

Privathaushalte und kleine Betriebe sollen ab Januar 2023 auch weniger für Strom entrichten als den Marktpreis – maximal 40 Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs. Das ist etwa ein Drittel mehr als vor der Krise. Für Großverbraucher soll der garantierte Preis 13 Cent pro kWh betragen.

Wo kommt das Geld für die Entlastungen her?

Die Ampel hat 200 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, finanziert zunächst mit zusätzlichen Staatsschulden. Ein Teil der Summe wird wohl ausgeglichen, weil die Regierung hohe Krisengewinne von Stromerzeugern zusätzlich besteuern will. Abgerechnet werden die Hilfen über den Wirtschafts­stabilisierungsfonds, ein Sondervermögen neben dem Bundeshaushalt. So kann Finanzminister Christian Lindner (FDP) offiziell die Schuldenbremse im kommenden Jahr einhalten. Das Geld geht an die Gasversorger, um deren Differenz zwischen den hohen Einkaufs- und niedrigen Garantiepreisen abzudecken.