EU-Ökosiegel für Gas- und Atomkraft: Rechtliche Schritte gegen Taxonomie
Umweltgruppen haben eine interne Überprüfung der Nachhaltigkeitsrichtlinien für Investitionen beantragt. Die EU-Kommission hat dafür 22 Wochen Zeit.
Brüssel ap | Ein Dutzend Umweltorganisationen gehen rechtlich gegen die EU-Einstufung von Erdgas und Atomkraft als nachhaltig vor. Mehrere Organisationen, darunter Client Earth und BUND, teilten am Montag mit, sie hätten eine interne Überprüfung der Entscheidung zur Aufnahme von Gas in die EU-Liste beantragt. Die EU-Kommission hat nun 22 Wochen Zeit für eine Antwort.
Die EU-Abgeordneten stimmten im Juli für die Aufnahme von Erdgas und Atomenergie in die Liste und unterstützten damit einen Vorschlag der Kommission, der heftige Kritik und den Vorwurf des Greenwashings auslöste.
Die Organisationen erklärten am Montag, Gas sei ein fossiler Brennstoff, der die europäische Energiesicherheit bedrohe und zu hohen Energiepreisen in ganz Europa geführt habe. Dieser Energieform das Label nachhaltig zu geben, stehe im Widerspruch zu anderen EU-Rechtsvorschriften und widerspreche den Zusagen der EU im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015.
Unabhängig davon reichten acht Greenpeace-Organisationen in Europa Klage gegen die Aufnahme von Erdgas und Atomkraft in den Rechtsakt zur Taxonomie ein. Auch sie stellten einen Antrag auf eine Überprüfung und argumentierten, dass die Entscheidung einen Verstoß gegen die Taxonomie-Verordnung darstelle.
Taxonomie soll nachhaltige Investitionen definieren
Die Liste definiert, was als Investition in nachhaltige Energie gilt. Die EU-Kommission hatte Gas und Atomenergie ursprünglich nicht einbezogen und sorgte für Uneinigkeit unter den Mitgliedsländern, als sie Anfang dieses Jahres deren Aufnahme vorschlug. Mit der Liste will die EU-Kommission Investitionen in nachhaltige Energie lenken. Die Europäische Union will bis 2050 Klimaneutralität erreichen und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent senken.
„Dieses gefälschte grüne Siegel ist mit dem EU-Umwelt- und Klimaschutzrecht unvereinbar“, sagte Ariadna Rodrigo, Greenpeace-EU-Kampagnenleiterin für nachhaltige Finanzen. „Gas ist eine der Hauptursachen für das Klima- und Wirtschaftschaos, während es immer noch keine Lösung für das Problem des radioaktiven Atommülls gibt und das Risiko von Atomunfällen viel zu groß ist, um es zu ignorieren.“
Leser*innenkommentare
93851 (Profil gelöscht)
Gast
Ich kann das Wort "nachhaltig" schon lange nicht mehr hören!
Nicht umsonst klingt er mittlerweile hohl, weil massenweise missbraucht.
Man sollte ihn aus dem deutschen Vokabular streichen. Damit wäre vielen Pseudo-Rettungs-"Schirmen" gedankt, deren Erfinder sich weiter die Taschen voll machen. Vermutlich in der Hoffnung, dass man Geld essen kann ....
Nilsson Samuelsson
@93851 (Profil gelöscht) Sehr gut!!!
"Gas" und "Atomkraft" als nachhaltige Energie zu bezeichnen war ist und bleibt ganz offensichtlich absurd.
So gesehen, wird die Klage sicher Erfolg haben.
Sonst, könnten wir ja auch z.B. mal behaupten dass 2+2=3 oder anderes, was bisher als begrifflich klar definiert erschien.
FrixTheCunt
Den Klägern wünsche ich viel Erfolg. Sollte Gas und Atomkraft als nachhaltige Energieform in der EU-Taxonomie verbleiben, ist die gesamte Taxonomieverordnung, mit deren guten Ansätzen, in Frage zu stellen. Das es hier um Etikettenschwindel für die künftigen Finanziers geht ist offensichtlich. Wenn in der aktuellen Krise in diese Art der Energiegewinnung noch investiert werden muss, ok, aber dies darf sicher nicht unter dem Label Nachhaltigkeit erfolgen.