Jonas Wahmkow über die Bedeutung von Angela Davis: Forderungen für die Black-Lives-Matter-Bewegung
Kennt ihr Angela Davis? Kennt ihr ihre Geschichte?“, heißt es in dem 1972 erschienenen Song „Free Angela“ der DDR-Rockgruppe Pantha Rhei. Mit ihrer Inhaftierung 1970 wurde die amerikanische Sozialwissenschaftlerin und Aktivistin Angela Davis zu einer globalen Ikone der Black-Power-Bewegung. Weltweit gab es Proteste für ihre Freilassung; ihr Konterfei mit der markanten Afro-Frisur ist auch heute noch ein beliebtes T-Shirt-Motiv politisch aktiver Jugendlicher.
Bereits 2015 hatte Davis die O-Platz-Besetzer*innen in Berlin besucht. Am Donnerstag wird sie die Bewegung erneut unterstützen, bei der Pressekonferenz zum 10. Jahrestag der Besetzung.
Ende der 60er Jahre lehrte Davis marxistische Theorie an der University of California. Als bekennende Kommunistin geriet sie früh in das Visier der Behörden und verlor schließlich ihre Stelle, unter dem Vorwurf der „Aufwiegelung“ von Studierenden. Die US-Regierung unter Ronald Reagan ging aggressiv gegen Mitglieder der militant-marxistischen Black Panther Party vor, die auch Davis unterstützte. Aktivist:innen wurden selbst wegen kleinerer Vergehen inhaftiert, Hausdurchsuchungen der Polizei endeten nicht selten tödlich. Vor diesem Hintergrund versuchte ein ehemaliger Leibwächter von Davis, mit einer Geiselname in einem Gericht drei Black-Panther-Mitglieder freizupressen.
Dass die Tatwaffe auf ihren Namen registriert war, reicht den Behörden als Indiz, um die ansonsten komplett unbeteiligte Davis zu verhaften. Nach kalifornischem Recht drohte ihr die Todesstrafe. Der zwei Jahre andauernde Prozess wurde von der Anti-Kriegs-Bewegung und der internationalen Linken als politisch kritisiert.
Die Welle der Solidarität reichte bis in die DDR, wo in einer staatlich angeleiteten Kampagne Kinder und Jugendliche tausende Briefe an die inhaftierte Davis schickten. Die SED-Führung wusste den Fall geschickt für ihre eigene Propaganda zu nutzen. So gewann auch schließlich der lange verbrämte Rock als Soundtrack der US-Gegenkultur die Akzeptanz der SED-Parteibonzen. Unmittelbar nach ihrem Freispruch besuchte Davis mehrmals medienwirksam die DDR. Ihre Rede bei den Weltjugendfestspielen 1973 wurde sogar auf Schallplatte verewigt.
Darüber hinaus setzt die heute 78-Jährige unermüdlich ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit fort. Eng in Verbindung mit ihrer akademischen Arbeit setzt sie sich für die Abschaffung von Gefängnissen und Polizei ein und war so prägend für die Forderungen der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Kontroverser ist ihre Unterstützung der antizionistischen BDS-Kampagne, die sich für einen kompletten wirtschaftlichen und kulturellen Boykott Israels einsetzt.
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