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Neue Rufbusse in BerlinJetzt kommt der Muva

Mit dem Ridepooling-Service „Muva“ will die BVG Barrierefreiheit und Komfort bieten – aber nicht die Fehler des „BerlKönigs“ machen.

So sieht's aus: das, pardon: der Muva Foto: BVG / René Lohse

Berlin taz | Ist der Fahrstuhl zur U-Bahn mal wieder kaputt, und Sie sind auf ihn angewiesen? Kein Problem: Spätestens in 10 Minuten kommt ein kleiner schwarzer Minibus angerollt, der Sie zum nächsten Bahnhof bringt, wo der Lift funktioniert. Das zumindest ist das Versprechen des neuen Ridepooling-Angebots der BVG, das am heutigen Donnerstag unter dem Namen „Muva“ den Betrieb aufnimmt.

„Muva“ klingt wie die berlinische Version von „Mover“ (schließlich werden hier Menschen bewegt) und kommt wohl aus derselben Wortschmiede wie die App „Jelbi“, die auf die Markenfarbe der BVG anspielt. Wie auch immer, das Versprechen, das die BVG mit dem neuen Service macht, ist alles andere als trivial: Es geht um einen enormen Schritt in Richtung Barrierefreiheit, aber auch Komfort, zwei Grundbedingungen, damit die Verkehrswende funktionieren kann. „Mobilität für alle, jederzeit und überall in Berlin“, wie es BVG-Chefin Eva Kreienkamp bei der Vorstellung des Dienstes ausdrückte.

Das Angebot ist ein doppeltes: Als „Aufzugersatz“ werden die kleinen Rufbusse U- und S-Bahn-Stationen bedienen, bei denen der Aufzug klemmt – oder die noch immer keinen haben. Unter dem Motto „Flexible Fahrt“ kommen sie dagegen im Osten der Stadt zum Einsatz, wo immer noch große Lücken zwischen den Bahnhöfen und Haltestellen klaffen: Das Gebiet, das bedient wird, reicht von Rummelsburg bis zur Stadtgrenze bei Hoppegarten, und von Biesdorf bis kurz vor Köpenick.

Die „Muvas“ werden für die BVG vom Dienstleister Via betrieben. Wie beim früheren Ridepooling-Angebot „Berlkönig“ errechnet ein Algorithmus bei entsprechend hoher Nachfrage kombinierte Fahrten für mehrere Fahrgäste. Gerufen werden die Kleinbusse per App oder Telefon. In jedem Fall soll es möglich sein, ein Fahrzeug zu buchen, das auch einen größeren Rollstuhl aufnehmen kann. „Beim Fahrtanlass ‚Flexible Fahrt‘ wird sichergestellt, dass eine Person mit Mobilitätseinschränkung vergleichbare Beförderungsmöglichkeiten wie ein*e Fuß- gänger*in“ hat, so lautet der Anspruch, den die BVG an sich selbst formuliert.

Der Aufzugersatz-Service beschränkt sich bis Ende 2023 auf die U8, einen kleinen Teil der U5 – zwischen Frankfurter Allee und Tierpark – und die beiden S-Bahnhöfe Attilastraße und Marienfelde. Letzerer ist einer der wenigen verbliebenen Berliner S-Bahn-Halte ohne Fahrstuhl. Auf der U8 gibt es insgesamt noch sieben Bahnhöfe ohne Aufzug, unter anderem Schönleinstraße, Moritzplatz und Heinrich-Heine-Straße. Ab 2024 soll dann das komplette Stadtgebiet bedient werden, bis dahin wolle man aus dem Nutzungsverhalten lernen, heißt es aus der BVG.

Immer noch nicht barrierefrei

Eigentlich müsste der Berliner Nahverkehr gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention seit diesem Jahr komplett barrierefrei sein – tatsächlich sind aber allein bei der U-Bahn erst rund 80 Prozent der Bahnhöfe per Aufzug oder Rampe erreichbar. Die BVG verweist auf lange Genehmigungsverfahren und teils beachtliche bauliche Herausforderungen. Aktuell zielt die Planung auf Ende 2024. Zuletzt ging ein Lift im Bahnhof Birkenstraße (U9) in Betrieb, an zehn weiteren Stationen ist ein solcher im Bau – darunter die Bahnhöfe Schlesisches Tor, Rathaus Schöneberg, Seestraße und Platz der Luftbrücke.

Laut BVG-Sprecher Jannes Schwentu liegt die Verfügbarkeit der Aufzüge des Unternehmens „sehr konstant zwischen 98 und 99 Prozent, der Großteil der Störungen ist also binnen kurzer Zeit behoben“. Gemeint seien damit „wenige Stunden“, so Schwentu. Freilich nutzt auch das einem Fahrgast nichts, der unerwartet vor verschlossenen Türen steht.

Das Rufbus-Projekt „BerlKönig“, das 2018 gestartet war und die östliche Innenstadt bediente, endete im vergangenen Juli. Die Kritik an dem ebenfalls von Via betriebenen Dienst zielte vor allem darauf ab, dass er ein weiteres Zusatzangebot für die schon gut versorgte Innenstadt darstellte, während die Mobilität vor allem in den Außenbereichen verbesserungswürdig sei. Der Senat war dann auch nicht gewillt, den BerlKönig länger am Leben zu erhalten, zumal das – angeblich – bei einer Ausweitung auf die gesamte Stadt über 40 Millionen Euro im Jahr gekostet hätte.

Was die Kosten für „Muva“ betrifft, hält sich die BVG bedeckt. Man verweist darauf, dass der Service im Rahmen des mit dem Land abgeschlossenen und ausfinanzierten Verkehrsvertrags angeboten werde. Im Fall der „Flexiblen Fahrt“ müssen die KundInnen auch selbst etwas zu ihrem gültigen VBB-Ticket dazuzahlen: 1,50 Euro (bzw. 0,50 Euro für Mitfahrende), wenn es nur zum nächstgelegenen Bahnhof geht, oder aber 1,50 Euro pro Kilometer, wenn man sich direkt zu einer Wunschadresse innerhalb des Servicegebiets fahren lässt. Dabei halten die Busse nicht unbedingt vor der Haustür, sondern an insgesamt 4.000 definierten „Haltepunkten“.

Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbands IGEB, kann über das Angebot „nicht so viel Negatives sagen“, skeptisch bleibt er trotzdem: Er vermisse „ein stabiles 10-Minuten-Angebot für alle Berliner Ortsteile zu normaler Uhrzeit“. Wieseke findet auch, dass die BVG sich erst einmal „ums Kerngeschäft kümmern“ sollte. „Bevor Mittel für ein Nice-to-Have ausgegeben werden, muss der Normalbetrieb wiederhergestellt sein.“ Die U-Bahn etwa fahre seit Jahren nach einem abgespeckten Notfahrplan, weil FahrerInnen fehlten. „Dann müssen eben Stellen ausgeschrieben werden“, fordert der IGEB-Sprecher.

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