: 200.000 Paarhufer im Stau
Der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest führt zu ernsthaften Tierschutzproblemen
Von Sean-Elias Ansa
Nach einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Niedersachsen hat sich dort ein sogenannter Schweinestau entwickelt. Etwa 200.000 Tiere, die längst abtransportiert und geschlachtet werden sollten, müssen wegen der Sperr- und Überwachungszonen zur Eindämmung der Seuche im Emsland und in der Grafschaft Bentheim bleiben. Verschärft wird der Stau durch Vorbehalte des Lebensmitteleinzelhandels, potenziell verseuchtes Fleisch anzunehmen.
30.000 Tiere seien auch bereits „überschwer“, berichtet das Landesagrarministerium. Das heißt, sie haben das Schlachtgewicht von etwa 120 Kilogramm überschritten. Die Anzahl erhöhe sich „wöchentlich um 6.000 Schweine“, heißt es. Die Tiere sind seit 5. Juli in Quarantäne.
Während die Schweinebranche mit wirtschaftlichen Einbußen und Imageverlust konfrontiert ist, schlagen auch Tierschutzvereine Alarm. „Die Tiere werden immer schwerer und haben nun noch weniger Platz als ohnehin schon“ sagt Patrick Müller von Provieh. Schon im normalen Mastbetrieb stünden einem Schwein als gesetzlicher Mindeststandard nur etwa 0,75 Quadratmeter zur Verfügung. Zum größeren Gewicht der Schweine, die nicht abtransportiert werden können, kommt, dass neu heranwachsende Tiere in die Ställe drängen.
Verwirrung gibt es um das Ende der Sperrfrist. Die nach einem Ausbruch der Seuche vorgeschriebene 90-Tage-Quarantäne wäre am 5. Oktober vorbei. Die EU-Kommission hatte die Frist jedoch auf den 14. Oktober festgelegt. In einem Brandbrief an Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) forderten Tierschutzverbände unisono mit dem Landesministerium und den Bauern, diesen Zeitraum zu verkürzen. Offenbar mit Erfolg: Einer Pressemitteilung des Bundesministeriums zufolge will die EU-Kommission das Ende der niedersächsischen Schweinepest-Sperrzonen um die überzähligen 9 Tage vorziehen. Die Korrektur soll dem Ausschuss der Mitgliedstaaten zeitnah zur Bestätigung vorgelegt werden.
Die Anfrage der taz, wie es zu der verlängerten Sperrfrist kommen konnte, beantwortete EU-Kommissionssprecher Stefan de Keersmaecker nicht. Laut Bundesagrarministerium handelt es sich um einen Fehler im Durchführungsbeschluss.
Die Herausforderungen der Afrikanischen Schweinepest sind auch Thema der Agrarministerkonferenz, die noch bis Freitag in Quedlinburg stattfindet. Dabei geht es vor allem um die Sicherung des Tierwohls und eine Verpflichtung des Lebensmitteleinzelhandels, Fleisch aus Sperrzonen anzunehmen.
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