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Büro-Visionen am GleisdreieckDie Zukunft verbaut

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Sieben Bürohochhäuser sollen am Gleisdreieckpark entstehen. Es werden Denkmäler einer Zeit, in der Berlins Stadtentwicklung den falschen Weg einschlug.

Visualisierung der Urbanen Mitte am Gleisdreieck Foto: Finest Images

J ede Vision von Zukunft wird in der Vergangenheit entwickelt. Sie beruht auf Fehleranalysen des jeweils aktuellen bisherigen Wissens und der Abschätzung der weiteren Entwicklung. Das kann gutgehen – oder auch kolossal schief, wenn die Entwicklung ganz anders oder viel schneller verläuft als angenommen. In diesem Fall wird aus der geplanten Zukunft dann nur ein Monument der Fehleinschätzung.

Das Kreuzberger „Stadtquartier der Zukunft“, das demnächst rings um den U-Bahnhof Gleisdreieck auf der östlichen Parkseite errichtet werden soll, fußt auf Vorstellungen von Stadtentwicklung aus dem Jahr 2005. Auf der damals vom Senat gefassten Rahmenplanung mit dem Investor beruhen die Pläne der „Urbanen Mitte“, einem Riegel von sieben Hochhäusern, bis zu 90 Meter hoch, die zwar 120.000 Quadratmeter Geschossfläche bieten, aber keinen einzigen Quadratmeter Wohnraum. Schon vor dem ersten Spatenstich ist zu befürchten: Hier entsteht noch so ein Denkmal einer Zeit, in der Berlin falsch abgebogen ist.

Damals, als es 100.000 leerstehende Wohnungen gab, ist die Stadt einem Zukunftsbild unterworfen worden, das private Akteure und deren Anlagemodelle priorisierte. Potsdamer Platz, Mercedes-Benz-Quartier, Europa-City gehören zu den traurigsten Relikten. Dass nun ein nächstes hinzukommen soll, ist eine Farce. Genauso wie die gnadenlos überzeichnete Selbstvermarktung des Projekts mit Werbesätzchen wie: „Wir nennen es local love.“

Die „locals“ aber – An­woh­ne­r:in­nen also – halten wenig davon, dass ihr Park in den Schatten von Büros, einem Hotel und Gewerbe gestellt werden soll. Mit Demonstrationen hat die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck das Vorhaben gerade mal wieder ins Gespräch gebracht. Zwar wurde im Koalitionsvertrag eine Prüfung des Projekts verabredet und Po­li­ti­ke­r:in­nen bringen Nachverhandlungen über die Nutzung ins Gespräch, doch sind die Pläne eben weit gediehen. Jede einseitige Aufkündigung würde wohl hohe Schadenersatzforderungen mit sich bringen.

An den Fakten, die der Senat einst schuf, konnten auch spätere kurze Bürgerbeteiligungen nichts ändern. Wünsche nach dem Bau von Wohnungen wurden abgetan mit der Argumentation, dass deren Bau dort nur in Ausnahmefällen erlaubt und die Lärmbelastung durch die U-Bahn zu groß sei. Das „urbane Element“ Wohnen, wie es für die Investoren zumindest einmal anteilig vorstellbar war, bleibt erst mal eine Zukunftsvision.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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3 Kommentare

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  • Diese Hochhäuser können nicht als Solitär betrachtet werden, sondern sind Teil des Parks und der umgebenden neuen Wohnbebauung. Ohne die Hochhäuser hätte es das alles nicht gegeben.

    • @DiMa:

      Nur gibt es die Hochhäuser (noch) nicht und der Rest des Ensembles funktioniert wunderbar ohne. Es gibt also schlichtwegs keinen Grund, dort unbenötigte Büroflächen zu schaffen, ausser einer von der Realität überholten Bedarfsbestimmung von 2005.

      • @Erwin Spack:

        Die Hochhäuser sind Teil der Finanzierung des Ganzen. Angesichts stets steigender Büromieten in Innenstadtlagen wird sich der Bau sicherlich auch rentieren. Wenn das Land nun etwas ändern wollen würde, dann sollte es dem Investor ein ordentliches Abgebot unterbreiten und darauf hoffen, dass dieser es auch annimmt.

        Der angeblich nicht vorhandene Grund liegt übrigens in einem städtebaulichen Vertrag und es gilt der Grundsatz pacta sunt servanda.