petition der woche: Wenn Frauen ein privater Chat zum Verhängnis wird
Anlass der PetitionSensible Gesundheitsdaten in den USA landen bei Ermittlungsbehörden
Das wollen die InitiatorenGoogle soll die Daten nicht mehr speichern
Das wollen sie nichtDass private Daten gegen die Betroffenen verwendet werden
Hört auf zu sammeln, fangt an zu löschen“, lautet ein Slogan, mit dem sich Beschäftigte des Tech-Konzerns Google an ihre Geschäftsführung richten. In einer Petition verlangen sie, dass gesundheitliche Daten grundsätzlich nicht gespeichert werden – ganz egal, ob es dabei um Abtreibungen, um Geschlechtsangleichungen oder um Drogenbehandlungen geht. Der Hintergrund: Seit die konservative Mehrheit am Obersten Gericht der USA im Juni das Grundrecht auf Abtreibung gestrichen hat, nutzen immer mehr Ermittler elektronische Spuren als Beweise für Straftaten.
„Ein mitfühlender Arbeitgeber schützt private Daten“, sagt Bambi Okugawa von der Alphabet Workers Union, der neuen Google-Gewerkschaft, die die Petition lanciert hat. Ende August haben 650 Unterzeichner die Petition an Google-Chef Sundar Pichai geschickt.
Grund zu Sorge gibt es: In Nebraska hat Facebook einen privaten Chat zwischen einer Mutter und ihrer damals 17-jährigen Tochter an die Ermittler weitergegeben. Darin hatten die beiden Details einer medikamentös ausgelösten Abtreibung bei der Tochter besprochen. Gegen beide Frauen laufen jetzt Ermittlungen. Facebook verteidigt sich damit, dass in dem gerichtlichen Verlangen auf Datenherausgabe keine Rede von Abtreibung oder reproduktiver Gesundheit war.
Allein bei Google in den USA gehen alljährlich Zigtausende richterliche Begehren auf Datenfreigabe ein. „Google weiß alles über dich. Und kann es gegen dich verwenden“, warnt Alejandra Beatty, ebenfalls Alphabet-Gewerkschafterin.
In den USA konnten Frauen ab 1973 eine Schwangerschaft landesweit legal abbrechen. Nach dem Gerichtsurteil im Juni kann nun jeder Bundesstaat entscheiden, was legal ist. Ein Dutzend republikanisch regierter Bundesstaaten hat bereits Abtreibungsverbote in Kraft gesetzt, anderswo sind sie in Vorbereitung. Die Demokraten setzen sich für das Recht auf Abtreibung ein, sie haben die Zahlen auf ihrer Seite: Studien zufolge hat jede vierte Frau in den USA eine Abtreibung vor ihrem 45. Lebensjahr. Eine Mehrheit der Wähler will – unabhängig von der Parteizugehörigkeit – an dem Recht auf Abtreibung festhalten.
Mehrere Tech-Konzerne, darunter Google, bieten Beschäftigten finanzielle Hilfen an, falls sie für einen Schwangerschaftsabbruch in einen anderen Bundesstaat reisen müssen. Google hat außerdem zugesagt, die geografischen Daten von Abtreibungskliniken aus den Profilen seiner Nutzer zu löschen.
Den Alphabet-Gewerkschaftern reicht das nicht. Sie fordern in ihrer Petition, dass die Daten erst gar nicht gespeichert werden. Zusätzlich verlangen sie, dass Google auch jene Hälfte seiner Beschäftigten, die nicht festangestellt sind, bei Abtreibungen unterstützt. Geht es nach ihnen, soll der Konzern außerdem sorgfältiger die „Pregnancy Crisis Center“ herausfiltern. Diese oft von fundamentalistischen Christen betriebenen Zentren tauchen bei Internetrecherchen zum Stichwort „Abtreibung“ auf, sie bieten aber keine Schwangerschaftsabbrüche an, sondern versuchen, Frauen davon abzuhalten. Ende August ist Google den Petitionären zumindest in diesem letzten Punkt entgegengekommen: Die Fake-Abtreibungsanbieter sollen künftig ausgeblendet werden. Dorothea Hahn
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