Veranstaltungen in Berlin: Tanz vor der Welle

Club­be­trei­be­r*in­nen schauen mit Sorge auf den Herbst. Mögliche Verschärfungen bei der Maskenpflicht in Innenräumen könnten zum Problem werden.

Geht für Viele besser ohne Maske: Abtanzen im Berliner Club Foto: dpa

In den Clubs die Nacht durchtanzen – seit dem Frühjahr ist das wieder möglich. Es wirkt so, als sei die Berliner Club- und Konzertbranche nach den Lockdowns zum Normalbetrieb zurückgekehrt. Während aber fast alle Veranstaltungen wieder stattfinden, haben die Ver­an­stal­te­r*in­nen neben Corona mit neuen Problemen zu kämpfen.

Inflation, steigende Energiekosten und Personalmangel machen Kummer. Mit Sorge schaut man dabei auch auf das vom Bundeskabinett beschlossene Infektionsschutzgesetz für Herbst und Winter. Lockdowns und Ausgangssperren sind da zwar zunächst nicht vorgesehen. Bei einer besonders bedrohlichen Entwicklung der Ansteckungen ist jedoch angedacht, dass die Länder per Verordnung eine Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen anordnen können.

Der Berliner Clubcommission zufolge hätte das einen ähnlichen Effekt wie das Ende 2021 verhängte Tanzverbot in Berlin. Nämlich die Schließung der Clubs, auch ohne behördliche Anordnung. Denn: Tanzveranstaltungen mit Maske sind aus Sicht der Clubcommission nicht umsetzbar.

Fehlende Planungssicherheit

Das eigentliche Problem, so der Branchenverband, ist dabei die fehlende Planungssicherheit für Ver­an­stal­te­r*in­nen und Clubbesitzer*innen, weil unklar ist, wann und ob überhaupt die angedrohte Maskenpflicht in Kraft treten könnte. Es gibt auch noch kein Konzept zu neuen Überbrückungshilfen, womit für viele Clubs die Frage, wie man sich im Falle einer Maskenpflicht weiter finanziert, unbeantwortet sei. Florian Falkenhagen vom Club Cassiopeia auf dem RAW-Gelände würde sich „eine klare Orientierung“ wünschen, bei welchen Inzidenzen und welchen Ereignissen wir mit welchen Einschränkungen rechnen müssen“. Das würde es ermöglichen, mehr zu planen und zu agieren, als nur zu reagieren.

Für Konzerte stellt sich die Situation jedoch anders dar als für Tanzveranstaltungen. Stefan Grey von der Agentur Greyzone Concerts wertet eine mögliche Maskenpflicht nicht als völligen Genickbruch für anstehende Konzerte und deren Planung. „Es gibt den einen Teil der Kon­zert­gän­ge­r*in­nen, die auch mit Maske Konzerte besuchen, und einen Teil, der das nicht tut“, sagt Grey auf taz-Nachfrage. Greyzone plane weiterhin Konzerte für den Herbst und Winter. Auch, weil die Agentur das muss: „Wir können jetzt nicht einfach alles absagen.“

Pamela Schobeß, Vorsitzende der Clubcommision und Betreiberin des Clubs Gretchen, sagt: „Mit den bisherigen Hilfen konnten wir in den vergangenen Lockdowns die Fixkosten stemmen.“ Mit Blick auf den kommenden Winter aber mache sie sich Sorgen. Selbst wenn bestehende Förderprogramme weiterlaufen sollten, würden diese noch lange nicht ausreichen, um die massiv steigenden Energiekosten mit zu decken. „Wir haben einfach keine weiteren Einsparmöglichkeiten“, sagt Schobeß. Die gesamte Kulturbranche und gerade lokal verwurzelte Orte wären bei Schließungen im Herbst und Winter aufgeschmissen. „Wenn diese Orte verschwinden, kommen sie auch nicht wieder“, warnt Schobeß.

Steigende Energiekosten seien laut Schobeß auch ein indirektes Problem: Schon jetzt merken Clubbetreiber*innen, dass Club­be­su­che­r*in­nen weniger Geld ausgeben können. „Neulich rief eine Person an, um sich über drei verschiedene Veranstaltungen zu informieren. Am Telefon sagte sie, früher wäre sie zu allen dreien gekommen. Jetzt könne sie sich das nicht mehr leisten.“

Aus den Reihen der Clubcommission werden auch alternative Konzepte zu einer Maskenpflicht gefordert, um Tanzveranstaltungen auch in Zeiten von hohen Inzidenzen sicher zu gestalten. Ein Beispiel ist ein Pilotprojekt der Clubcommission, das von der Charité begleitet wurde. Dabei wurden Menschen vor und nach ihrem Clubbesuch PCR-getestet. Die Auswertung war vielversprechend: Infizierte Personen konnten schon vor der Veranstaltung identifiziert werden, und bei den Testungen im Nachgang wurden keine neuen Infektionen festgestellt werden. Fraglich aber ist, wie ein solches Konzept in einem großen Stil umsetzbar wäre.

Festangestellte verloren

Ähnlich wie im Gastronomie- und Hotelbereich ist auch der Personalmangel ein großes Problem in den Clubs. Erik Bensberg von der Veranstaltungsagentur Alpaka Clan Booking sagt: „Im Laufe der Coronazeit habe ich acht Festangestellte verloren.“ Schon seit Monaten suche er nach neuen Mit­ar­bei­te­r*in­nen für die ausgeschriebenen Stellen, bisher habe er aber nur eine einzige Bewerbung erhalten.

Beim Blick in die Zukunft fehlt es den Club­be­trei­be­r*in­nen an Planungssicherheit. Das Wort, welches Veranstalter Bensberg und Clubbetreiberin Schobeß auf Anhieb zur Beschreibung der Situation in den Sinn kommt, ist dieses: „zermürbend“.

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