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„Keine moralische Großtat“

Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe haben sich zur Kooperation entschlossen, um die Erforschung der Herkunft der Kunstwerke zwischen 1933 und 1945 weiterhin zu gewährleisten. Anteilig soll die Kulturbehörde als Financier mit ins Boot

von Petra Schellen

„Die öffentliche Hand kann sich da nicht herauswinden!“ Wilhelm Hornbostel, Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe, wird lebhaft, wenn das Gespräch auf den Nutzen der Provenienzforschung kommt: jenes Forschungszweigs, der die Herkunft von Kunstwerken ab 1933 ergründet, um festzustellen, ob darunter Exponate sind, die die Nazis jüdischen Bürgern abgepresst haben.

Seit fünf Jahren unterhält die Kunsthalle bereits ein solches Projekt. Doch Ende September läuft Ute Haugs Stelle aus, und aus eigener Kraft wird das Museum sie nicht weiter finanzieren können. Ein Umstand, der Direktor Uwe M. Schneede mit Sorge erfüllt. „Es ist nicht einmal ein Bruchteil der Arbeit geleistet, und mir liegt sehr daran, die Ankaufswege lückenlos zu dokumentieren.“ Denn er möchte von sich aus auf eventuelle Erben zugehen und fundiert beurteilen können, ob Rückgabeforderungen berechtigt sind.

Doch die Gelder sind knapp, weshalb die Kunsthalle und das Museum für Kunst und Gewerbe zur Fortführung des Projekts ein Kooperations-Modell ersonnen haben: Zu gleichen Teilen wollen beide Häuser die Personalkosten übernehmen; die Finanzierung der Sachkosten haben sie bei der Kulturbehörde beantragt.

„Dies ist eine öffentliche Aufgabe“, sagt Hornbostel. „Die Museen sind Eigentum der Stadt, und sich nach 60 Jahren dieses Themas anzunehmen ist wahrhaftig keine moralische Großtat.“ Für moralisch dringend erforderlich hält auch Schneede die Provenienzforschung: „Wir sind verpflichtet zu ermitteln, welche Herkunft die Kunstwerke haben, die nach 1945 erworben wurden. Denn wir verwalten und pflegen diese Werke. Und wir müssen jeden Zweifel an der Herkunft von Exponaten ausräumen, die eventuell aus Enteignungen stammen.“

Mit dieser Haltung steht Schneede nicht allein, wenn auch Hamburg eine der wenigen Städte ist, die ein solches Projekt vorweisen können: Provenienzforscherin Ute Haug gilt bundesweit als Pionierin, der von ihr gegründete Arbeitskreis Provenienzforschung mit regelmäßigen internationalen Tagungen als beispielhaft. Und weil die Ressourcen knapp sind, haben Schneede und Hornbostel über die Teilung der Stelle hinaus ein Ausleih-Modell vorgeschlagen: An andere Museen innerhalb und außerhalb Hamburgs soll die Forscherin „vermietet“ werden können, um dort einzelne Projekte zu bearbeiten.

Ein Vorschlag, den auch Gisela Jaacks, Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte, für sinnvoll hält: „Provenienzforschung ist eine Notwendigkeit. Denn gerade Hamburgs Museen bergen etliche Werke aus dem Bürgertum, das selbst gesammelt hat und hierfür die Kunstmärkte nutzte.“ Eine Schwachstelle, denn „die Kunsthändler sind nicht verpflichtet, die Provenienz anzugeben“. Auch die Aufforderung, die Museen sollten solche Stellen selbst finanzieren, greife zu kurz: „Abgesehen davon, dass die Sammlungen der öffentlichen Hand gehören, muss man klar sehen, dass für diese Forschungsarbeit zusätzliche Fachkräfte nötig sind. Solche aufwendigen Recherchen kann man nicht nebenbei erledigen.“

Das bestätigt Sabine Fehlemann, Direktorin des Wuppertaler Von der Heydt-Museums, die an der erneuten „Ausleihe“ Ute Haugs durchaus interessiert ist. Ihr Museum ist großteils mit undokumentierten Schenkungen Von der Heydts aus den fünfziger Jahren bestückt. Vieles wäre hier zu recherchieren. Doch „mit solchen Problemen werden die Museen oft alleingelassen. Zusätzliche öffentliche Gelder sind dringend notwendig“.

Auch Herbert Beck, Direktor des Frankfurter Städel, das über eine Provenienz-Stelle verfügt, sieht sich moralisch in der Pflicht, „bis alle Provenienzen geklärt sind“. Und Urich Krempel, Leiter des Hannoveraner Sprengel-Museums – auch dort gibt es eine Provenienz-Stelle – findet diese Forschung sogar „wichtig für das Standing der Bundesrepublik Deutschland. Seit der Wende sind alle Archive zugänglich, und wir haben keine Ausrede mehr, uns vor diesem Thema zu drücken.“ Jetzt müssten die Fakten auf den Tisch, und man müsse klar sagen, wie die Ankaufswege gewesen seien. „Das ist auch für unser internationales Ansehen nötig, das wir nicht weiter gefährden sollten – nicht zuletzt, weil Deutschland dem Washingtoner Abkommen beigetreten ist – einem Kodex zum Umgang mit Kunstwerken, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht zurückerstattet wurden.“ Abgesehen davon müsse man kompetent entscheiden können, ob Restitutionsforderungen berechtigt seien.

Für eine „außerordentlich wichtige Museumsaufgabe“ schließlich hält Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck die Provenienzforschung. „Es sollte auch weiterhin im Interesse der Museen sein, über eine kompetente Provenienzforschung zu verfügen.“ Zur Fortsetzung der Forschungsstelle habe sie den beiden Hamburger Museen daher angeboten, „mit mir gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, eine Kostenbeteiligung Dritter zu erreichen“.

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