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"Doch erst klinkten sich die Fünf Sterne aus, als sie der Regierung Draghi im Juli das Vertrauen verweigerten"
Das ist nicht richtig. Die 5Stelle haben sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten und Letta hatte daraufhin jede Zusammenarbeit mit M5S ausgeschlossen, weil sie angeblich nicht Draghi's Agenda unterstützen. Interessanterweise hatte Letta kein Problem mir anderen linken Parteien ein Wahlbündnis zu schmieden, obwohl diese sämtliche von Draghi eingebrachten Gesetze im Parlament abgelehnt haben.
Auch die Allianz mit Calenda war ein totaler strategischer Fehlsschuß für Letta: Einerseits gibt es kaum weniger vertrauenswürdige Personen als Calenda in der italienischen Politik (und das will was heißen!) und zum anderen ist Calenda's Politik am ehesten mit knallharter FDP Industrielobbypolitik zu vergleichen.
Dann hat er auch noch frühere Vertraute von Berlusconi mit ins Boot geholt (Brunetta, Gelmini & Co). Personen, die mehr als 20 Jahre lang Berlusconis Schmierentheater unterstützt haben und z.B. die Schule kaputtreformiert (Gelmini) oder offen das Prekariat beschimpft haben (Brunetta). Ich weiß nicht, wie man damit ein breites Bündnis links vom Zentrum bilden kann.
Italien ist eben Italien - die Parteien können da sowieso nicht viel ausrichten. Das ganze wird aber zum Testfall für Europa und die extreme Rechte, in Spanien und anderswo werden sich abgucken wie es funktioniert.
Bei der Friedensdemo im Berliner Tiergarten ist BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht die Umjubelte – ganz im Gegensatz zu SPD-Mann Ralf Stegner.
Italiens zerrüttete Linke: Einigkeit erst in der Opposition
Statt sich gegen die Allianz der Rechten zu sammeln, werden sich Italiens Mitte-links-Kräfte bald in der Opposition treffen. Geeint in Machtlosigkeit.
Vergeblich seit Monaten auf ein linkes Feld zugearbeitet: Enrico Letta Foto: Remo Casilli/reuters
Es scheint fast von der italienischen Rechten bestellt, was das Mitte-links-Lager im Vorfeld der Parlamentswahlen gerade veranstaltet. Während die Rechte sich ruckzuck zur Allianz formierte, in der die postfaschistische Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) unter Giorgia Meloni, die fremdenfeindliche Lega unter Matteo Salvini und Silvio Berlusconis Forza Italia gemeinsam antreten, tritt Mitte-links gleich doppelt gespalten an.
Seit Monaten hatte Enrico Letta, Chef der größten Kraft dort, der gemäßigt linken Partito Democratico (PD), auf die Schaffung des „Campo largo“, des „breiten Felds“, hingearbeitet. Wäre es nach ihm gegangen, sollte ein breites Bündnis von der radikalen Linken über die Fünf Sterne und die PD bis hin zu Partnern aus der politischen Mitte entstehen: ein Bündnis, das der Rechten hätte Paroli bieten können.
Doch erst klinkten sich die Fünf Sterne aus, als sie der Regierung Draghi im Juli das Vertrauen verweigerten, getrieben von der Panik, am Wahltag von den Bürger*innen abgestraft zu werden für zu große Regierungstreue. Es war ein wahlarithmetisches Kalkül, das den Erfolg der eigenen Liste vor den Sieg über die Rechte stellte.
Aus ganz ähnlichen Gründen scheiterte jetzt auch der Pakt, den Letta mit den beiden kleinen Mitte-Parteien +Europa und Azione geschlossen hatte. Die Unterschrift war noch nicht trocken, da kündigte Carlo Calenda, Chef der Azione, die Allianz schon wieder auf. Mit einem „dritten Pol“ der Mitte rund um seine Partei erhofft er sich nämlich 10 Prozent und mehr.
Die bekommt er womöglich, so wie auch die separat antretenden Fünf Sterne. Italien aber bekommt mit nunmehr fast absoluter Sicherheit eine Regierung, in der stramme Rechtspopulist*innen dominieren werden. Aus Lettas „breitem Feld“ ist ein schmales Feldchen geworden.
Doch nach dem 25. September werden sich die Mitte-links-Kräfte wieder geeint finden: auf den Oppositionsbänken – geeint in ihrer Machtlosigkeit gegenüber einer Rechten, die auf eine übermächtige Mehrheit der Parlamentssitze hoffen kann.
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Kommentar von
Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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