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Urteil zur A 20 in NiedersachsenAutobahnbau im Moor gestoppt

Wegen Verfahrensfehlern darf das erste Stück der A20 nicht gebaut werden. Dass Moore zerstört würden, sei allerdings kein Grund, den Neubau abzusagen.

Ak­ti­vis­t:in­nen des BUND protestierten im Mai vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Bremen taz | Nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben hat am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Bau der „Küstenautobahn“ A20 in Niedersachsen. Zwar erklärte das Gericht den Planfestellungsbeschluss für das 13 Kilometer lange Teilstück zwischen Westerstede und Jaderberg nördlich von Oldenburg für rechtswidrig, aber das nur, weil die Planfeststellungsbehörde einen Verfahrensfehler bei der Berechnung von Emissionen gemacht hat, die ein Naturschutzgebiet beeinträchtigen könnten.

Abgewiesen hat das Gericht in seiner Entscheidung alle weiteren Punkte der Klage des Umweltschutzverbandes BUND. Dieser hatte vor allem darauf abgehoben, dass der Autobahnneubau mehrere Moore zerstören wird, was Treibhausgase in erheblicher Menge freisetzt und daher Deutschlands Selbstverpflichtung zum Klimaschutz konterkariere.

Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht, was es bereits in der Verhandlung im Mai angedeutet hatte. „Das Klimaschutzgesetz war im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht in Kraft getreten und musste daher nicht berücksichtigt werden“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts vom Donnerstag. Daran ändere auch die „besondere Bedeutung und Dringlichkeit des Klimaschutzes“ nichts.

Der BUND bezeichnet das Urteil dennoch als „Teilerfolg im Kampf gegen die A20“, hieß es in einer Pressemitteilung der BUND-Vorsitzenden des Landes Niedersachsen, Susanne Gerstner. „Wir konnten im Verfahren nachweisen, dass die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr eine in gleich mehreren entscheidenden Punkten fehlerhafte Berechnung zur Stickstoffbelastung vorgelegt hat. Bei Realisierung der A20 muss mit erheblichen Beeinträchtigungen eines wertvollen Schutzgebietes gerechnet werden.“

Bau setzt 450.000 Tonnen Kohlendioxid frei

Allerdings sagte sie auch, es sei „sehr bedauerlich, dass das Gericht in seiner formaljuristischen Prüfung den Klimaschutz vollständig ausgeblendet hat“. Denn die A20 soll sowohl in Niedersachsen als auch in Schleswig-Holstein zur Hälfte durch Marsch- und Moorgebiete führen. Beide Bodenarten haben die Eigenschaft, sehr viel Treibhausgase zu binden. Moore sollen im Mittel rund 700 Tonnen Kohlendioxid je Hektar speichern, sechsmal mehr als ein Hektar Wald, schreibt das Landesumweltamt Baden-Württemberg auf seiner Homepage.

Allein für die ersten beiden Bauabschnitte in Niedersachsen würden 1,8 Millionen Kubikmeter Torf ausgehoben, schreibt der BUND in seiner Pressemitteilung. Dabei würden 450.000 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt. Der Bau der A20 würde daher die Klimakrise „massiv verstärken“.

Vor sechs Jahren hatte das Bundesumweltamt ausgerechnet, dass der Bau der Autobahn auf niedersächsischer Seite die mit Abstand negativste Umweltbilanz aller Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans 2030 aufweise und daher gestrichen werden solle. Dennoch hielten bisher sowohl die Bundesregierung als auch das Land Niedersachsen und das Land Schleswig-Holstein an der Küstenautobahn fest, die Polen über Norddeutschland mit den Niederlanden verbinden soll (siehe Infokasten).

Auch die Regierungsbeteiligungen der Partei Die Grünen hat an dieser Haltung bislang noch nichts geändert.

„Wir haben Zeit gewonnen“

Aufgeben wollen die A20-Geg­ne­r:in­nen nicht. Die Planfeststellungsbehörde müsse jetzt nachbessern, das werde Jahre dauern. „Wir haben noch einmal Zeit gewonnen“, sagte Susanne Grube, Vorsitzende des BUND Ammerland der taz. „In dieser Zeit wird der politische Druck größer werden. Wir merken ja alle, was los ist.“ Aktuell sagen die Wetterdienste für Norddeutschland für Mitte Juli Temperaturen um die 40 Grad Celsius voraus. Auch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof sei daher nicht ausgeschlossen.

Auch bei drei anderen Teilabschnitten der A20 gibt es einen Baustopp aufgrund für rechtswidrig erklärter Planfeststellungsverfahren, etwa bei Bad Segeberg wegen fehlenden Fledermausschutzes.

Die Grünen im niedersächsischen Landtag forderten die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP dazu auf, den Baustopp zu nutzen, „den veralteten Bundesverkehrswegeplan als bisherige Grundlage für viele unsinnige Autobahnprojekte zügig zu überprüfen“, so wie es im Koalitionsvertrag vereinbart sei.

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1 Kommentar

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  • Also ich sehe da ein logisches Problem. Wenn der Planfestellungsbeschluss rechtswidrig ist, dann ist er auch ungültig. Ein solcher Beschluss kann nicht vor Gesetzen schützen, auch wenn diese erst später in Kraft getreten sind. Früheres Unrecht kann doch nicht vor aktuellem Recht schützen, oder? Sonst könnte man sich ja vor geplanten Gesetzen schützen, indem man noch schnell einen Planfeststellungsbeschluss durchdrückt.