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Partnerschaft von Instagram-PolizistinFrüher Hinweis auf Nazi-Freund

Niedersachsens Behörden scheinen schon länger von der Beziehung einer Kommissarin mit einem Nazi zu wissen. Bislang gab man sich noch überrascht.

Sollten für ein positives Image sorgen: „Insta Cops“ Foto: Silas Stein/dpa

Hamburg taz | Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius gibt sich gern als jemand, der keine Zurückhaltung beim Thema Rechtsextremismus pflegt – auch nicht innerhalb der eigenen Behörde. Der Vorwurf gegen eine Polizistin aus Hannover wirft allerdings Fragen auf. Denn die Pressestelle des Innenministeriums antwortete vergangene Woche auf eine Anfrage der taz zu einer Polizeikommissarin, die mit einem Rechtsextremen liiert sein soll, dass erst jetzt der „Verdacht des Fehlverhaltens“ bekannt geworden sei. Eine E-Mail, die der taz vorliegt, legt jedoch nahe, dass sowohl das Innenministerium als auch die Polizei schon länger davon gewusst haben müssen.

Am Freitag hatte die taz berichtet, dass die Kommissarin Anna Jendrny in einer Beziehung mit Jannik Rohlfing ist – einem Rechtsextremen. Jendrny ist Kommissarin bei der Hundestaffel in Hannover. Sie gehört zu den „Instagram-Polizist:innen“, mit denen ihre Dienststelle ein sympathisches Image für die Polizei aufbauen möchte. Die 29-Jährige hatte in dem Netzwerk fast 8.500 Follower:innen. Auch etliche regionale Medien haben schon wohlwollend über Jendrny und ihren Diensthund Kenai – ein „tierisch gutes Team“ – berichtet.

Doch Instagram offenbart auch die andere Seite von Jendrnys Leben: Das Pärchen posiert auf Rohlfings Profil gemeinsam für Urlaubsfotos aus Norwegen und Dänemark. Auf den Bildern fällt auch Rohlfings Kleidung auf – darauf prangen rechtsextreme Modemarken und Musiklabels.

Seit über zehn Jahren bewegt sich der 32-Jährige in der rechtsextremen Szene. In der Region Ostwestfalen-Lippe war er auch in eine militante Aktion involviert: Am 28. November 2010 stürmte er mit Kameraden die alternative Kneipe „Hamburger Hof“ in Minden. Sie verletzten einen Gast und zerstörten die Einrichtung. Das Landgericht Bielefeld verhängte geringe Geldstrafen, Rohlfing musste wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung eine Geldstrafe von 600 Euro zahlen.

Hinweis aus der Kommunalpolitik

Dass Jendrnys Beziehung nun öffentlich wurde, hat Konsequenzen. Am Freitag erklärte ein Sprecher der Polizei, dass der Instagram-Account der Polizistin „mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres gesperrt“ wurde. Auf Nachfrage der taz führte er weiter aus: „Angesichts der dem Niedersächsischen Innenministerium heute bekannt gewordenen Hinweise zur Lebenspartnerschaft einer Polizeibeamtin mit einer Person, die mutmaßlich dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen sei, wurde durch die Polizeidirektion Hannover als der für die Beamtin zuständigen Polizeibehörde sofort eine intensive Überprüfung eingeleitet.“

Einen ersten Hinweis auf die Beziehung erhielt die E-Mail-Poststelle der Polizeidienststelle allerdings schon am 17. August 2021 aus der Kommunalpolitik. In einer E-Mail wurde die Polizei darüber informiert, dass die „Diensthundeführerin“ Rohlfing als ihren Freund bezeichnet. Der Nachricht war weiter zu entnehmen, dass zuvor schon mit einen Herren aus dem „Ministerium für Inneres und Sport“ ein „telefonischer Kontakt“ erfolgt war. Im Anhang der E-Mail befanden sich auch Screenshots von Jendrnys Instagram-Profil.

Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte gegenüber der taz nun den Eingang der E-Mail. „Die Hinweisgeberin hatte sich auch an die Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizei beim Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport gewandt.“ Er führte aber weiter aus, dass die Polizeidienststelle damals „nach Abschluss der Prüfung anhand der seinerzeit vorliegenden Ergebnisse entschieden“ habe, dass „kein Fehlverhalten der Kollegin vorlag“ und damit auch keine Einschränkungen nötig waren. Das Innenministerium sei an dem Prozess nicht beteiligt gewesen. Der Sprecher räumte ein, dass es das erwähnte Telefonat gab. Der Sachverhalt werde nun „gründlich geprüft“.

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5 Kommentare

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  • Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann ist eine 1974 erschienene Erzählung von Heinrich Böll.

    Böll beschreibt in der Erzählung, wie eine bisher unbescholtene Frau, Katharina Blum, wegen ihrer Freundschaft zu einem Straftäter Opfer der Sensationsgier der Boulevardpresse wird. Insbesondere geht es um die menschenverachtende Berichterstattung eines Blattes, das immer nur die ZEITUNG genannt wird.

    Andreas Speit & Benjamin Piel, das Buch ist wohl bekannt?!

    • @Sebastian Wallenstein:

      Danke für diesen Kommentar - auch wenn er wahrscheinlich unbeachtet bleibt bei den Angsprochenen.

  • "Sie gehört zu den „Instagram-Polizist:innen“, mit denen ihre Dienststelle ein sympathisches Image für die Polizei aufbauen möchte."

    Sympathisches Image oder gar Vertrauen zur Polizei lässt sich so nicht erzeugen. Schon gar nicht nach all den "Einzelfällen" der letzten Jahre. Verfassungsfeinde zusammen mit Polizisten, das funktioniert nicht.

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Bitte die volle Namensnennung zukünftig bei anrüchigem Verhalten jedweder Provenienz. Und bitte keine Artikel mehr zu irgendwelchen Datenthemen.

  • Ich empfinde es als Rückschritt, wenn eine Frau sich für das Verhalten ihres Freundes rechtfertigen muss bzw. Mitverantwortlich gemacht wird und es erinnert an düstere Zeiten, als der Kontakt zu unerwünschten Personen ausreichte, um ins Verhör genommen zu werden.