: Ticket gelöst
OLYMPISCHE SPIELE Beim dramatischen Qualifikationsturnier in der Schmeling-Halle sichert sich das deutsche Volleyballteam der Männer die Teilnahme an den Spielen in London
Georg Grozer, Angreifer
VON JENS UTHOFF
Sie haben die Big Points gemacht, und in den entscheidenden Momenten sind sie ruhig geblieben: Die deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Männer hat beim Länderturnier in der Max-Schmeling-Halle am Wochenende die letzte Chance genutzt, sich für Olympia in London zu qualifizieren. Nach Siegen gegen Indien (3:0), Kuba (3:2) und Tschechien (3:1) sind die Volleyballer neben den Hockey-Teams nun die einzigen Mannschaftssportler, die Deutschland in London vertreten.
Nerven bewahrt
Die 4.450 Zuschauer erlebten in der Halle am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in den drei Partien ein über weite Strecken großartig aufspielendes deutsches Team, das vor allem gegen Kuba und Tschechien die Nerven bewahrte. „Ich war noch nie bei Olympia, das ist das Größte für einen Sportler“, sagte Diagonalangreifer Georg Grozer nach der endgültigen Qualifikation am Sonntagabend. Dann flossen ordentlich Tränen bei dem 27-Jährigen, der mit seinen Angriffsschlägen zur entscheidenden Figur im deutschen Team wurde.
Nach einem zu erwartenden 3:0-Auftakterfolg am Freitag gegen Indien war der spektakuläre Sieg am Samstag gegen Kuba vorentscheidend. In einem Volleyball-Krimi setzte man sich im entscheidenden fünften Satz mit 20:18 durch, nachdem Kuba drei Matchbälle vergeben hatte. Ein Punkt entschied über Olympia – hätten die Kubaner ihn gemacht, wären sie nun in London dabei. „Das ist kaum zu toppen“, sagte Kapitän Björn Andrae, der beim Turnier meist Ersatzspieler war, nach der Zitterpartie im letzten Satz.
Neben Matchwinner Georg Grozer, der Kuba mit starken Aufschlägen und Angriffsschlägen immer bei den wichtigen Punkten zur Verzweiflung brachte, war es auch der Block des deutschen Teams, der funktionierte. Vor allem Marcus Popp und Marcus Böhme traten hier in Erscheinung – hatten sie mal wieder einen Angriffsschlag der Kubaner abgefangen, stimmte das Publikum „Mein Block“ an. „Die Kulisse war heute der winzige Unterschied, der am Ende den Ausschlag gab. Und der unbedingte Wille, es zu machen“, sagte Böhme. Auch der Zusammenhalt funktionierte: Libero Markus Steuerwald war es vor allem, der das Team aufeinander einschwor. „Einfach nur geil“ fand der 22-Jährige die drei Tage in Berlin.
Das letzte Match gegen Tschechien wurde dann allerdings die erwartet schwere Aufgabe: Das deutsche Team musste gewinnen, für die Tschechen ging es um nichts mehr. Das Ergebnis von 25:22, 23:25, 25:23, 25:21 zeigt dabei, wie knapp es zuging. Und wieder waren es die besseren Nerven, die dem deutschen Team den Sieg bescherten. Dann gab’s die ganze Palette an Jubelorgien: vom Bauchrutscher zu den Fans bis hin zu diversen Getränkeduschen.
Gehörigen Anteil am Leistungshoch des deutschen Teams hat derzeit das Trainer-Team um Vital Heynen. Der Belgier hatte erst im Februar den glücklosen Raúl Lozano abgelöst und wirkt wie der Ruhepol der Mannschaft. „Er hat sensationelle Arbeit geleistet und ist hochprofessionell“, sagt Grozer über den neuen Nationaltrainer. Gleichzeitig habe er eine „entspannte Seite“, die dem Team gut tue.
Vor vier Jahren hatten die deutschen Männer erstmals seit 36 Jahren den Sprung zu Olympia geschafft. Nach der desaströsen EM letzten Herbst gilt die erneute Qualifikation nun als Riesenerfolg. Wenn die Mannschaft Vital Heynens weiter so konzentriert arbeitet und die im Volleyball so wichtige Nervenstärke auch bei Olympia zeigt, kann auch in London etwas gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen