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Staffelübergabe in HessenSchwarzer Sheriff ade

Sabine am Orde
Kommentar von Sabine am Orde

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier bewies, dass selbst Hardliner wandlungsfähig sind. Sein Nachfolger Boris Rhein steht ihm da in nichts nach.

Der neue und der alte Ministerpräsident: Rhein und Bouffier umarmen sich am 31. Mai Foto: Arne Dedert/dpa

D iese Hürde hat Boris Rhein am Ende locker genommen. Er ist im ersten Wahlgang zum neuen hessischen Ministerpräsidenten gewählt worden – und zwar mit fünf Stimmen mehr als denen der schwarz-grünen Koalition. Dabei war Rhein keinesfalls erste Wahl. Bis zu seinem Tod vor zwei Jahren galt Landesfinanzminister Thomas Schäfer als wahrscheinlicher Nachfolger für Volker Bouffier.

Mit Bouffier tritt ein Politiker nun weitgehend selbstbestimmt ab, der in seiner politischen Laufbahn viele Gründe für Rücktritte gehabt hätte. Einer der schwerwiegendsten dürfe sein Versagen im Fall des Kasseler NSU-Mordes sein, bei dem sich ein Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes am Tatort befand, was Bouffier, der damals Innenminister war, dem Parlament nicht nur lange verschwieg, sondern durch Sperrvermerke für V-Leute wurde auch die Arbeit der Polizei erschwert.

Bouffier machte sich als Innenminister des CDU-Rechten Roland Koch einen Namen als Law-and-Order-Mann. Dann aber zeigte er, dass auch Hardliner wandlungsfähig sind: Er führte die hessische CDU, die sich lange als rechter Kampfverband verstand, in eine Koalition mit den Grünen, es war die erste in einem Flächenland. Er unterstützte 2015 die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel und setzte in der Coronapolitik weniger auf Profilierung denn auf bundeseinheitliche Regelungen.

Wie Bouffier hat auch Rhein sein Image vom Hardliner abgestreift: Er galt als ausgleichender Landtagspräsident. Nach dem Anschlag in Hanau fand er die richtigen Worte. Dass er Schwarz-Grün beisammenhalten und die Landtagswahl im kommenden Jahr gewinnen kann, muss er jetzt noch zeigen.

Ganz freiwillig war Bouffiers Rücktritt übrigens doch nicht: Dass die CDU gegen den Willen eines Teils der Basis mit dem glücklosen Laschet in die Bundestagswahl zog, hatte der Strippenzieher mit durchgesetzt. Die Niederlage läutete sein politisches Ende mit ein und brachte letztlich Friedrich Merz an die Spitze. Mit Bouffiers Rücktritt geht nicht nur in Hessen eine Ära zu Ende.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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11 Kommentare

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  • Ohne Worte - zum Niederknien! - 🙀🥳



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    Kari von hück - für de ahl Hackfress vom Elefandeklo Giese! Gelle. - 🐘 💩 -



    You made my day - 🤣 - •

  • "setzte in der Coronapolitik weniger auf Profilierung denn auf bundeseinheitliche Regelungen."

    Da bin ich wirklich sehr dankbar, in dieser Zeit einen alten Ministerpräsidenten ohne weitergehende Ambitionen gehabt zu haben.

    Die gröbsten unnützen Übergriffigkeiten sind uns in Hessen zumindest erspart geblieben.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    "Dass er (Anm.: Rhein) Schwarz-Grün beisammenhalten ... kann, ... muss er jetzt noch zeigen."



    Nunja - bissel leichter als anno Dunnemals der Herr Kules mit seiner zwölffachen Plackerei wird er's schon haben, der Boris.



    Die Grünen werden's ihm schon leichter machen. Denn weder ist Tarek ein Frankfuter Löwe, schon garkein nemeischer, noch dessen Genosse Wagner ein Kerberos seiner Fraktion.



    Die Grünen sind seit Joschkas langem Marsch durch die Karriere-Institutionen (bis zum persönlichen Höhepunkt als Diederich Hessling von GPG) pattexierte Schleppenträger diverser Landesfürsten und dabei nicht ausgeprägt farb-sensibel.



    Und Tarek hat ja schon signalisiert, dass der Boris ihm sympathischer scheint, als dessen Amtsbruder a.D. Otto (der für sich ja beansprucht hatte, er werfe "nicht regelmäßig" (sic!) mit Akten).



    Also: Auf ein Altes zwischen Schwarz und DunkelstGrün in 2023.

    • @655170 (Profil gelöscht):

      Gelle - 🙀😡 - am Ordre&Bembel - 🥳 -

  • "Schwarzer Sheriff ade" Ade?



    Have you ever met Boris Rhein? Offensichtlich nicht. das ist nur ein Alt- gegen Jung-Sheriff Tausch.

    • @Bouncereset:

      Liggers. Packst dich an die Nase & denkst “…Schonn erstaunlich was da in Berlin ahnungslos zusammengeklempnert wird.“ Gelle.

  • Ja cool, Schwarz-Grün forever!



    Grüne auch voll auf Bayreuther Festspiele!

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Speireuther Festspiele...

  • kurz - Oijoijoi - Einer aus der Kategorie -



    “Ich trink ihn mer schie - mit Äppelwoi - 🤯 -



    Oder ein paar Bembel später mit Lia Wöhr:



    „Kall - mei Drobbe!“



    EndeGelände • Gelle.

    • @Lowandorder:

      Ok - kurz&knapp

      “ Staffelübergabe in Hessen: Schwarzer Sheriff ade“

      Wer sowas schreibt - der glaubt auch an den Weihnachtsmann - 🧑‍🎄 -



      Schade - daß der Gute Mann von GiWezuan - Wolfgang Leiberg - nicht hier mal eben die Möbel grade & in ordre stellt.



      “ Insbesondere sprach er sich für Rasterfahndung, Kennzeichenlesegeräte oder Telekommunikationsüberwachung in der Kriminalitätsverfolgung aus, was ihm den Spitznamen „Schwarzer Sheriff“ einbrachte.“



      & Grundgesetz ja Grundgesetz - 🧻 -



      “ Im Jahr 2002 stellte sich Bouffier hinter den stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner, der dem Entführer und Mörder von Jakob von Metzler, Magnus Gäfgen, Folter angedroht hatte.“



      & brech - 🤮 -



      “ Bouffier lehnt die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare ab.“



      & IM räumt die Preise ab



      “ Für seine Tätigkeit als Innenminister erhielt Bouffier bereits zweimal einen Big Brother Award in der Kategorie Politik.“



      & Recht is ihm ⚽️



      “ Weil Bouffier im Juli 2009 seinen Parteifreund und damaligen Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums Mittelhessen Hans Langecker ohne vorheriges Auswahlverfahren zum Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei ernannte, forderte die SPD im März 2010 Bouffiers Rücktritt. Ein Mitbewerber für das Amt hatte zuvor beim Hessischen VGH - das Auswahlverfahren angefochten und Recht bekommen.“



      & Ach was! =>



      “… gegen den damaligen hessischen Innenminister Volker Bouffier eingeleitetes Vorermittlungsverfahren durch eine Akten„korrektur“ aus dem Blickfeld der Aufmerksamkeit gerückt wurde.“



      & Däh



      Ein Brief belegt, dass der damalige RWE-Chef den hessischen Ministerpräsidenten ausdrücklich um dieses Schreiben gebeten hatte. Darin heißt es: „Herr Minister Pofalla sagte mir zu, mir (…) einen schriftlichen Bescheid zu geben, dass Sie ein evtl. Anfahren verhindern werden. Wann können wir mit diesem Schreiben rechnen?“

      Ok - Ok - mehr könnte die Autorin & andere aus der “Heile-heile-Segen-Fraktion“ verunsichern. Gelle.