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Ganz ehrlich: Hertha BSC Berlin gehört in die zweite Liga. Warum? Hier steht’s schwarz auf weiß

Unter Dampf: Hertha-Chef Werner ­Gegenbauer schmaucht eine Zigarre Foto: Soeren Stache/dpa

Die Mannschaft von Hertha BSC hat ihren Bestimmungsort fast erreicht. Nach dem Bayern-Unentschieden gegen den VfB Stuttgart ist die Richtung vorgegeben. Am meisten hasst man als Hertha-Fan die Tatsache, dass man am Sonntag den Bayern die Daumen drücken musste. Noch schlimmer ist, dass es nichts genützt hat.

Am nächsten Wochenende wird Hertha auf Platz 16 abrutschen und danach in den Relegationsspielen gegen den Hamburger SV verlieren. Das hatte Felix Magath bei seinem Amtsantritt als Hertha-Trainer ja prophezeit – bis auf die Niederlage.

In der nächsten Saison geht es gegen Sandhausen und Heidenheim, aber auch gegen einige starke Ex-Bundesligisten, so dass es mit dem direkten Wiederaufstieg nichts werden wird. Man sollte sich schon mal beim HSV erkundigen, auf welche Wartezeit man sich einstellen muss.

Dass es so kommen würde, hätte man bereits vor zwei Jahren wissen können. Als ­Jürgen Klinsmann, der damalige Trainer, nach nur zehn Wochen hinwarf, schickte er eine Analyse hinterher, mit der er in den meisten Punkten richtig lag: „Der Klub hat keine Leistungskultur, nur Besitzstands­denken, und es fehlt jegliches Charisma in der Geschäfts­leitung.“ Und: „Der Kader ist von der ­Altersstruktur her ­völlig falsch zusammen­gesetzt, zu viele ältere und satte ­Spieler, die keinerlei ­Power haben, um im Abstiegs­kampf zu ­bestehen.“

Klubpräsident Werner Gegenbauer, ein Mann ohne Vision, der sich an seinen Posten klammert, ist immer noch da. Manager Michael Preetz, der die Sponsoren-Millionen auf einer Einkaufstour ohne Sinn und Verstand verballert hat, ist weg. Aber wer hätte gedacht, dass sein Nachfolger Fredi Bobic eine noch größere Niete ist? Der Sparschwabe hat mit seiner wundersamen Ein- und Verkaufspolitik einen lupenreinen Zweitligakader geschaffen. Und er machte mit Preetzens Ansatz: „Ein neuer Trainer wird’s schon richten“, nahtlos weiter.

Er hat sämtliche torgefährliche Spieler ­verhökert und stattdessen Belfodil und Boateng geholt, deren gute Zeiten mindestens drei Jahre zurückliegen. Dazu kam Selke zurück, der noch nie gute Zeiten hatte, aber bei Hertha als Einäugiger zum König wurde. Bobic’Kriterium: Die Spieler müssen charakterlich zu Hertha passen. Das klingt nach Sammy Drechsel und „Elf Freunde müsst ihr sein“. Herthas Problem sind nicht die Spieler, die für ihr mangelndes Talent nichts können, sondern Gegenbauer und Bobic.

Jürgen Klinsmann schrieb damals auch: „Ohne ein reines Fußballstadion mit den Fans direkt am Spielfeldrand einflussnehmend, wird Hertha BSC immer mit minus 10 Punkten die Saison anfangen.“ Der von Sponsor Lars Windhorst deklarierte Big City Club ist aber in Wahrheit ein Provinzverein.

So sollte man das Stadion irgendwo in der brandenburgischen Tiefebene bauen: Hertha BER. Ralf Sotscheck

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