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Zwangsarbeit in BerlinNiemand wollte sich erinnern

Mit einer Gedenktafel erinnert eine Kreuzberger Arbeitsgruppe an Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen in der NS-Zeit. Deren Geschichte ist noch wenig erforscht.

Gedenktafel am Dragoner-Areal in Kreuzberg, erstmal nur provisorisch Foto: Lothar Eberhardt / kappa photo

BERLIN taz | Zwangsarbeit war während des zweiten Weltkriegs auch in Berlin allgegenwärtig. Doch direkt nach dem Krieg mochte sich in der Zivilbevölkerung niemand so recht daran erinnern. So kommt es, dass His­to­ri­ke­r*in­nen und Initiativen das Wissen über Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen und deren Schicksale heute mühsam aus unterschiedlichen Quellen zusammenklauben – etwa aus Akten der Gesundheitsämter, oder aus Listen, die den Verlust persönlicher Dinge nach Bombenangriffen darlegten. „Es ist ein Puzzlespiel“, sagt Eberhard Elfert von der „Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus der Garde-Dragoner-Kaserne“. Um ihre eigenen Erkenntnisse zur Zwangsarbeit zu dokumentieren, hat die Arbeitsgruppe am Donnerstag auf dem Kreuzberger Dragoner-Areal eine provisorische Gedenktafel enthüllt. Das Areal war im zweiten Weltkrieg ein wichtiger Rüstungsstandort.

„Der Autohersteller Adler“ habe „im zweiten Weltkrieg in der Alten Reithalle und in den daran anschließenden Adler-Halle“ Militärfahrzeuge instandgesetzt, ist auf der Tafel zu erfahren. „Dabei wurden Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen eingesetzt“, heißt es weiter, und dass sich im 1. Stock der Reithalle ein Lager befunden habe. Die Tafel hängt nun an der Stirnseite der alten Reithalle. „Wir wissen von 20 bis 30 Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen bei Adler, die meisten wohl aus Frankreich“, sagt Elfert. Aus den Akten gehe hervor, dass auf dem Dragoner-Areal insgesamt rund 100 Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen aus verschiedenen Ländern eingesetzt waren.

Neubau kann Spuren vernichten

Doch das Areal befindet sich im Umbruch: Gebäude werden abgerissen und andere neu gebaut. In der Arbeitsgruppe fürchten sie, dass „bedeutende Spuren“ aus der Zeit des Nationalsozialismus unwiederbringlich verloren gehen. „Wir wünschen uns, dass Archäologen sich die Fundamente etwa von dem alten Offizierspferdestall gut angucken“, sagt Elfert. „Es kann sein, dass auch dieser Pferdestall als Lager genutzt wurde.“ Sie vermuten außerdem dass sich hier ein Splitterschutzgraben befand – ein Unterstand, in dem Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen bei Bombenangriffen Schutz suchen konnten. „Möglicherweise sind dort noch persönliche Gegenstände von ihnen zu finden“, sagt Elfert.

„Wir können gar nicht alles erfassen“, sagt Roland Borchers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Schöneweide. Es gäbe derzeit zahlreiche private Initiativen, die die Geschichte der Zwangsarbeit „vor der eigenen Haustür“ erforschten. Daraus seien gerade in Friedrichshain-Kreuzberg auch schon mehrere Gedenktafeln hervorgegangen. Er begrüße diese privaten Initiativen unbedingt, sagt Borchers, sie leisteten einen sehr wichtigen Beitrag.

Die schlichte Plexiglasplatte mit schwarzer Schrift solle auf lange Sicht von einer offiziellen Gedenktafel abgelöst werden, findet Elfert. Doch das sei dann die Aufgabe der offiziell dafür Beauftragten.

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