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Die Ukraine als mögliche BlaupauseAls Nächstes Taiwan?

China könnte aus Russlands Ukraine-Invasion ableiten, welche Kosten ein Angriff Pekings auf Taiwan hätte. Dabei ist die Ausgangslage dort eine andere.

Solidaritätsdemo mit der Ukraine in Taiwans Hauptstadt Taipeh am Freitag Foto: Chiang Ying-ying/ap

Peking taz | Als Russlands Truppen ihren Angriff begannen, entbrannte auf Chinas sozialen Medien eine kontroverse Debatte. Doch während direkte Kritik an Putin schnell zensiert wurde, kommentierte der nationalistische Onlinemob mit Schadenfreude: Das am meisten geteilte Meme zeigt ein Schwein mit der Aufschrift „Taiwan“, das einem anderen Schwein mit der Aufschrift „Ukraine“ dabei zusieht, wie es blutüberströmt geschlachtet wird.

Schon weit vor Kriegsbeginn argumentierten internationale Experten, dass Russlands Angriff eine Blaupause für Chinas Volksbefreiungsarmee wäre. Zwar sind beide Konflikte unterschiedlich gelagert, doch kann Peking daraus einige Parallelen ableiten. Die entscheidende Lehre: Wie hoch wäre der Preis für eine Invasion Taiwans? Die Antwort hängt auch davon ab, wie konsequent sich der Westen jetzt gegen Russland stellt.

De facto ist das diplomatisch isolierte Taiwan ein unabhängiger Staat und seit mehreren Jahrzehnten eine der lebhaftesten Demokratien Asiens. Doch Peking sieht die Insel als abtrünnige Provinz, die man zurück ins Mutterland integrieren muss.

Spätestens seit Xi Jinpings Amtsantritt lassen sich die „Wiedervereinigungs“-Slogans nicht mehr nur als patriotische Lippenbekenntnisse abtun. Es gibt wenig Zweifel daran, dass Xi es ernst meint mit seiner „Erneuerung des chinesischen Staats“. Die möchte der 68-Jährige möglichst noch zu seinen Amtszeiten verwirklicht wissen.

Bisher keine Anzeichen für Überraschungen aus Peking

Inwiefern also hat sich die Wahrscheinlichkeit einer Taiwan-Invasion durch den Ukrainekonflikt erhöht? Das Schreckens­szenario, dass Chinas Volks­befreiungsarmee die Situation für einem Überraschungsangriff ausnützen könnte, hat sich bisher nicht bestätigt. Es scheint auch immer unwahrscheinlicher.

Denn die Angst vor einer globalen Eskalation ist unter Pekings Parteikadern riesig. Die Anspannung lag dort am Sonntag regelrecht in der Luft: Vor der russischen Botschaft waren Dutzende Polizeikräfte stationiert, darunter viele in Zivil. Offenbar hat die Regierung Angst, dass es zu spontanen Demos kommen könnte.

In Taipeh hingegen zeigte sich die Regierung nicht übertrieben besorgt. Präsidentin Tsai Ing-wen rief zwar zu erhöhter Alarmbereitschaft ihrer Truppen auf. Doch warnte sie vor allem vor psychologischer Kriegsführung aus Peking.

Die Bilder aus der Ukraine würde Chinas Propaganda für gezielte Desinformation und Panikmache ausnützen. Die Inselbewohner sollten angesichts des großen Nachbarn ein Gefühl der Ohnmacht verspüren.

Taiwan ist für die USA wichtiger als die Ukraine

Noch gehen die Taiwaner ihrem Alltag ungestört nach. Eine Umfrage eine Woche vor Russlands Angriff ergab, dass immerhin 63 Prozent der Taiwaner nicht glauben, dass China die Situation für einen Krieg ausnützen könnte.

Doch auch im Ernstfall könnten sie sich anders als die Ukraine auf deutlich stärkere Solidarität aus Washington verlassen. Denn zum einen ist Taiwan für die USA der neuntwichtigste Handelspartner, der allein schon aufgrund seiner führenden Halbleiterbranche unerlässlich ist. Bereits am Freitag hatte Taipeh angekündigt, seine Chipexporte nach Russland „streng zu überprüfen.“

Zum anderen hegen viele Politiker aus Taiwan seit Jahrzehnten enge Beziehungen zu den Eliten in Washington. Und dann ist auch die Lage der Insel direkt vor Chinas Küste – Stichwort „unsinkbarer Flugzeugträger“ – für die USA von großer strategischer Bedeutung.

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5 Kommentare

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  • Ich verstehe nicht im geringsten, warum Taiwan von den Staaten der Welt „so links liegen gelassen wird“. Da hat ein chinesischer Staat eine Demokratie vorzuweisen und erfährt so wenig Reputation.

  • China könnte aus Russlands Ukraine-Invasion ableiten, welche Kosten ein Angriff Pekings auf Taiwan hätte.

    Das wird China bestimmt tun. Und das bedeutet, dass die Taiwanesen von nun an ruhig schlafen können.

    • @Barbara Falk:

      Hm, Taiwan ist flächenmäßig deutlich kleiner als die Ukraine. Es ist eine Insel und damit recht leicht von der Außenwelt abzuschneiden: Flüchtlingsströme, eventuelle Militärunterstützung in Form von Soldaten oder aber Material, auch humanitäre Hilfe, Verbandsmaterial, Nahrungsmittel etc. könnten deutlich leichter am Grenzübertritt gehindert werden als bei Festlandstaaten. Ich kann mir vorstellen, dass die Ausgangslage für eine Invasion in Taiwan durch China deutlich günstiger für den Aggressor sind als bei der russischen Invasion in der Ukraine.

      • @Ein alter Kauz:

        Selbst wenn China Taiwan militärisch schnell einnehmen und sichern sollte, der Krieg in der Ukraine zeigt gerade deutlich, dass die wirtschaftlichen Folgen für den Aggressor fatal wären. Und darin unterscheiden sich Russland und China fundamental. Russland glaubt auch so über die Runden zu kommen, China kann das nicht. Die chinesische Wirtschaft ist gigantisch, aber noch weit davon entfernt, als konsolidiert bezeichnet werden zu können. Aufgrund der vielfach niedrigen Löhne im Land kann China sich - anders als z.B. die USA - nicht auf den Binnenmarkt als ausreichenden Wirtschaftsfaktor verlassen. Ihr Markt muss wachsen, um die vorhandenen gigantischen Schulden beherrschbar zu halten und neue Absatz- aber auch Rohstoffmärkte außerhalb des Landes sind für die Regierung in Peking unverzichtbar. China braucht den Weltmarkt, wie ein Drogensüchtiger seinen Stoff.

        Unter diesen Umständen mit einem Angriff auf Taiwan eher symbolische Politik zu betreiben halte ich für ausgeschlossen.

        • @Cerberus:

          Genauso hatte ich das gemeint.

          Vielleicht, sollten die westlichen Staaten direkt jetzt, wo sie sowieso dabei sind, viel Gutes zu tun, einfach Taiwan als souveränen Staat anerkennen, dauert ja nicht lang, fünf Minuten abstimmen im Parlament, dafür sollte Zeit sein. Die Litauer haben es mit ihrer Quasi-Anerkennung (Eröffnung einer diplomatischen Vertretung) letztes Jahr schon vorgemacht.