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Beteiligung in der Berliner PolitikMehr fürs Mitmachen werben

Kommentar von Claudius Prößer

Während die Volksgesetzgebung so richtig in Fahrt kommt, kümmern offizielle Beteiligungsformate vor sich hin. Ein Wochenkommentar.

Ein Klick genügt, um bei Berlins Zukunftsgestaltung mitzureden Foto: Screenshot: taz

M anche sprechen schon hoffnungsvoll von einem „Sommer der Demokratie“, der Berlin bevorstehe: Aller Voraussicht nach werden zu Beginn der zweiten Jahreshälfte die beiden Volksbegehren „Berlin autofrei“ und „Berlin 2030 klimaneutral“ ihre zweite Unterschriftensammlung starten. Verhindern könnte das nur das Abgeordnetenhaus, indem es die weitreichenden Forderungen der Initiativen annimmt – die Verbannung des privaten Autoverkehrs aus der Innenstadt einerseits, verpflichtende Klimaneutralität schon in 8 statt 23 Jahren andererseits.

Das geht zwar in dieselbe Richtung, aber sehr viel weiter als alles, was der rot-grün-rote Senat sich vorgenommen hat. Insofern ist die Chance, dass das Parlament darauf eingeht, vernachlässigbar gering. Was folgen wird, ist deshalb eine breite Mobilisierung und wohl auch eine hitzige Debatte darüber, wie sich diese Stadt in den kommenden Jahren verändert soll, muss und wird. Zusammen mit dem Erfolg des DW-Enteignen-Volksentscheids im Herbst steht fest: Das Instrument der Volksgesetzgebung ist ein extrem wichtiges Element im politischen Prozess geworden.

Das ist gut so, denn schließlich betrachten sich nicht nur die Initiativen selbst als Antreiber der Politik: Auch viele Abgeordnete und Regierende betonen immer wieder, wie gerne sie sich antreiben lassen bzw. dass sie Druck aus der Zivilgesellschaft benötigen, um ihre Agenda umsetzen und nachschärfen zu können. Auch der 100-köpfige Kli­ma­bür­ge­r:in­nen­rat, der dieser Tage im Auftrag der Senatsklimaverwaltung per Losverfahren und gezielter Ansprache aufgestellt wird, ist das Ergebnis einer Volksinitiative.

Auf der anderen Seite gerät manchmal fast in Vergessenheit, dass Berlin bereits über viele Elemente der Mitsprache verfügt – verantwortlich dafür ist allerdings auch der Senat selbst. Gerade wurde eine einmonatige Onlinebeteiligung im Rahmen der Fortschreibung des BEK 2030 gestartet. Bei dem „Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm“ handelt es sich um den Werkzeugkasten der Klimapolitik des Landes, es enthält Steuerungsmaßnahmen in den Bereichen Gebäude, Energie, Wirtschaft und Verkehr.

Dieses Paket wird zu Beginn jeder Legislaturperiode einmal aufgeschnürt und neu sortiert bzw. ergänzt, und in diesem Rahmen kann jede und jeder Kommentare und Kritik einbringen. In der kommenden Woche gibt es zudem ein ganztägiges Fachforum per Videokonferenz, für das sich alle Interessierten anmelden konnten.

Nichts davon gehört

Nur: Selbst viele Menschen, die sich privat für den Klimaschutz engagieren, haben von diesem „BEK-Prozess“ noch nichts – oder gerade zum ersten Mal – gehört. Ein Bündnis aus Klima-Organisationen hat der neuen Senatorin deshalb gerade einen offenen Brief geschrieben, um auf diese stark verbesserungsfähige Kommunikation hinzuweisen.

Natürlich lässt sich lange darüber debattieren, welchen Eindruck solche Beteiligungsformate bei denen hinterlassen, die am Ende die Entscheidungen treffen. Die repräsentative Demokratie hebeln solche Foren ganz sicher nicht aus. Trotzdem können sie ein wertvolles Instrument der politischen Meinungsbildung sein – und es verwundert, dass nicht viel stärker für sie geworben wird.

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Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.
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