Die Wochenvorschau für Berlin: Ein Schwamm für die Kunst

Eine Demo wurde abgesagt. Dafür finden Festivals statt. Was das alles mit zersägten Frauen – und einem Mann – zu tun, klärt der Autor hier auf.

Plakataktion von „Wir haben es satt“ am 16. Januar vor dem Bundeskanzleramt

Aktion von „Wir haben es satt“ am 16. Januar vor dem Bundeskanzleramt Foto: dpa

Unter den vielen Dingen, die da an einem 17. Januar geschehen sind, sollen mal zwei besondere Kunstkniffe herausgegriffen werden. So war es am 17. Januar 1921, also präzise vor 101 Jahren, dass der englische Zauberkünstler P. T. Selbit in London als Erster die Illusion der zersägten Jungfrau vorführte. Und am 17. Januar 1963 proklamierte Robert Filliou erstmals den Art’s Birthday. Die Kunst, verriet dabei der französische Fluxus-Künstler, sei nämlich an einem 17. Januar vor einer Million Jahren in die Welt gekommen. Vorgestellt hat sich Filliou das so, dass an diesem Tag ein Mensch einen Schwamm nahm und ihn in einen Eimer Wasser fallen ließ. Platsch, war die Kunst in der Welt.

Zur Würdigung dieses ereignisreichen Tages mag man also heute am Montag, einem weite­ren 17. Januar, in einem Reenactment diese einschneidenden Situationen nachstellen. Wobei man sich vor dem Zersägen einer Person möglicherweise doch besser erst mal mit der Logik des Tricks vertraut macht, während man der Kunst mit dem Schwamm vollkommen gefahrenfrei huldigen kann. In der Küche sollten sich alle nötigen Utensilien dafür finden lassen. Weil man ja sowieso ein wenig aufpassen muss, dass einem die Kunst in diesen pandemischen Zeiten nicht abhandenkommt oder ganz in den virtuellen Raum verrutscht.

Diese Woche aber passiert in kultureller Hinsicht allerhand. Für die Filmkunst schaut man dabei in Richtung Berlinale. Die soll vom 10. bis 20. Februar durchaus in Präsenz von einem Publikum stattfinden, und am Mittwoch soll das Programm veröffentlicht werden. Und für die Tonkunst darf man sich auf gleich zwei am Mittwoch startende Festivals freuen, die auch das immer Neue der Musik zum Prinzip haben. Experimentierfelder für offenherzige Ohren.

Ein „Festival für abenteuerliche Musik und Kunst“ will schließlich das CTM-Festival sein, das in diesem Jahr zweigeteilt kommt. Im ersten am Mittwoch beginnenden Teil gibt es neben einem Onlineprogramm und der CTM-Ausstellung durchaus etwas Musik in Präsenz, was allerdings erst im zweiten Festivalteil im Mai noch viel stärker mit dem Clubbezug ausgespielt werden soll.

Und eigentlich kommt auch Ultraschall, das weniger cluborientierte, durchaus aber ebenfalls abenteuerlustige Festival für neue Musik, in zwei Teilen. Nur halt gleichzeitig: Einerseits kann man von Mittwoch bis Sonntag zu den Festivalkonzerten im Haus des Rundfunks, Radialsystem und Heimathafen gehen. Oder eben andererseits und kontaktreduzierter die Ultraschall-Konzerte am Radio erleben. Weil die pandemische Lage sich momentan ja nicht gerade entspannt.

Deswegen muss doch auch auf die „wegen Corona leider nicht“-Veranstaltungen in dieser Woche verwiesen sein. Traditionell wäre es ja die Zeit der Grünen Woche. Sie ist längst abgesagt. Und damit zusammenhängend entfällt auch die traditionelle Großdemo gegen die Agrarindustrie. So lautet der Aufruf des Wir haben es satt“-Bündnisses in diesem Jahr: Bleibt bitte am 22. 1. zu Hause!“

Die nächste Grüne Woche soll übrigens vom 20. bis 29. Januar sein, im Jahr 2023. Man wird sehen. Und zu der eingangs zersägten Jungfrau ist noch zu ergänzen, dass das Zersägen von Jungmännern nicht so richtig in Schwung gekommen ist, wenigstens im engeren Bühnenbereich. Irgendwie auch ein Gender-Gap. In Deutschland soll es erst 2011 so weit gewesen sein, dass sich eine Magierin erstmals an die Zersägung eines Mannes wagte.

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