piwik no script img

Strafvollzug in BerlinCorona-Ausbruch in Tegel

Wochenlang galt für 300 Insassen in Tegel der Ausnahmezustand. Jetzt ist nur noch ein Flügel des Hauses von Einschränkungen betroffen.

JVA Tegel: Ausbruch – außer Corona – kaum möglich Foto: dpa

Berlin taz | Corona macht auch vor den Gefängnissen nicht Halt. Mit Stand 7. Januar sind nach Angaben der Senatsverwaltung für Justiz 25 Inhaftierte im Berliner Strafvollzug infiziert. Besonders betroffen war und ist die JVA Tegel.

Sieben Inhaftierte seien in Tegel derzeit akut mit Covid 19 infiziert, teilte Antje Dieterich, Sprecherin der neuen Justizsenatorin Lena Kreck (Linke), der taz mit. Die infizierten Inhaftierten würden symptombezogen vom ärztlichen und pflegerischen Personal der JVA versorgt. Ein Betroffener liege auf der Intensivstation eines öffentlichen Krankenhauses.

Das „Ausbruchsgeschehen“ in der JVA Tegel begann am 13. Dezember und erstreckte sich zu Beginn auf die Teilanstalten II und V. Sofort nach Bekanntwerden der ersten Infektion seien intensive Kontaktnachverfolgungen betrieben worden, so Dieterich. Nach wie vor würden groß angelegte PCR-Reihen-Pooltestungen durchgeführt.

Seine Anfänge hatte das Infektionsgeschehen noch in den letzten Amtstagen des grünen Justizsenators Dirk Behrendt. Von einem desolaten, unkoordinierten Vorgehen der Anstaltsleitung wird in Gefangenenkreisen gesprochen. Andreas Bach, Redakteur der unabhängigen Tegeler Gefangenenzeitung Lichtblick, sieht das ähnlich.

Die Vermutung sei, dass Bedienstete der Anstalts-Polsterei und ein Gefangener, der gelegentlich Ausgang hatte, die Infektion eingeschleppt hätten, so Bach zur taz. Der Gefangene sei nach seiner Rückkehr nicht regelmäßig getestet worden, obwohl er das gefordert habe. „Keine Kapazitäten, kein Personal“, soll es geheißen haben.

Sogenannte Kohorten-Isolierung

Vom 13. Dezember bis zum 7. Januar befand sich die gesamte TA II – rund 300 Insassen – im Ausnahmezustand. Mittlerweile ist nur noch ein Flügel der TA II betroffen. Erfolgt sind laut Dieterichs Maßnahmen wie diese: Positiv getestete Gefangene und enge Kontaktpersonen sowie Testverweigerer würden einzeln isoliert. Für alle anderen Gefangenen der betroffenen Bereiche gelte eine sogenannte Kohorten-Isolierung.

Negativ getestete, symptomfreie Gefangene hätten sich in Kohorten in der Freizeit zunächst innerhalb ihrer jeweiligen Teilanstalt bewegen können. Nachdem bei Nachtestungen erneut Infektionen aufgetaucht seien, dürften sich die Kohorten nun nur noch auf dem Hof begegnen. Zudem gelte ein Mindestabstand von zwei Metern und Maskenpflicht. Aus Gefangenenkreisen verlautete, dass Bedienstete beim Treffen in der „Zentrale“ oftmals keine Maske tragen würden.

Kein Besuch, nur vereinzelte Telefonate nach draußen – das sei wochenlang die Situation für die Insassen der TA II gewesen, so Lichtblick-Redakteur Bach. Der Andrang auf das Stationstelefon – rund 30 Insassen teilen sich einen Apparat – sei immens. Desinfektionstücher zur Reinigung des Telefons seien erst Anfang Januar geliefert worden und bereits wieder verbraucht.

Aber Bach sagt auch das: Das Impfangebot in Tegel sei sehr gut. Jeder, der möchte, werde geimpft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!