EU will Plattformarbeiter besserstellen: Absicherung für Beschäftigte
Die EU will, dass digitale Plattformen ihre Mitarbeitenden anstellen. Die Branche lehnt das ab, Gewerkschaften begrüßen das.
In Europa bieten nach EU-Schätzungen rund 28 Millionen Menschen ihre Arbeitskraft über digitale Plattformen an. In der Coronakrise erlebten die Fahr- und Lieferdienste einen Boom. Damit hätten sich die Probleme in diesem weitgehend unregulierten Sektor des digitalen Kapitalismus verschärft, sagt EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit.
Der Luxemburger will nun bis zu 5,5 Millionen Plattform-Arbeiter zu Angestellten machen. Sie erhalten damit Anspruch auf den Mindestlohn, geregelte Arbeitszeiten und bezahlten Urlaub.
Auch Arbeitslosenhilfe und Rente sollen an die neuen „Plattform-Angestellten“ gezahlt werden. Allerdings müssen einige Bedingungen eingehalten werden.
Die EU-Kommission schlägt in ihrem Richtlinienentwurf fünf Kontrollkriterien vor. Wenn davon zwei erfüllt sind, soll ein Anspruch auf Anstellung entstehen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die Lieferdienste feste Arbeitszeiten vorgeben oder es ihren Mitarbeitern verwehren, zusätzlich für andere Firmen tätig zu sein. Es gehe um die effektive Kontrolle, die die Firmen über ihre Mitarbeiter ausüben, sagte Schmit.
Kein Freifahrtschein mehr für die Branche
Die EU-Kommission habe nicht die Absicht, das Geschäftsmodell der Lieferdienste zu zerstören, betonte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Doch genau das fürchten die Unternehmen. Der Vorschlag sei politisch motiviert und werde den digitalen Dienstleistungen im Binnenmarkt schaden, erklärte Markus J. Beyrer vom Interessenverband BusinessEurope. Viele Plattform-Arbeiter zögen es vor, selbständig zu arbeiten.
Zustimmung kommt von den Gewerkschaften. Der Vorschlag schütze die Rechte der Plattform-Arbeiter und sei überfällig, erklärte Ludovic Voet vom Europäischen Gewerkschaftsbund. Die digitalen Anbieter hätten viel zu lange von einem „Freifahrtschein“ profitiert.
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