: Mann der großen Taten
Torhüter Kevin Trapp ist die Konstante bei Eintracht Frankfurt. Seit seiner Ausbootung beim Nationalteam hält er bestens und hofft auf eine Nominierung
Aus Frankfurt Frank Hellmann
Es ist für einen Torhüter, der seit Wochen tadellose Leistungen bringt, sich es aber mit seinen Vorderleuten nicht verscherzen will, gar nicht so leicht, Verbesserungsvorschläge vorzubringen, ohne allzu lautstark loszupoltern. Kevin Trapp, seit 2018 nach seiner Rückkehr von Paris Saint-Germain zu Eintracht Frankfurt unumstrittener Stammtorwart, Topverdiener und Leistungsträger, schafft diesen Spagat.
Einerseits stellte der 31-Jährige auch vor dem Europa-League-Spiel bei Olympiakos Piräus (Donnerstag 18.45 Uhr/TV Now) den „tollen Charakter“ seiner Mannschaft heraus, andererseits benennt er die Mängel: „Wir sind in einer schwierigen Situation. Die Eintracht kann viele Nerven kosten. Wir machen uns das Leben selbst schwer, verunsichern uns und bauen den Gegner auf.“ Es war eine treffende Zustandsbeschreibung zur zunehmend wieder launischen Diva vom Main, als der Schlussmann zur Pressekonferenz in den Frankfurter Katakomben erschien – seine Ausführungen waren von Sachlichkeit, aber auch Deutlichkeit geprägt.
Der schon von 2012 bis 2015 in Frankfurt angestellte Torhüter spürt, wenn sein Klub vom Kurs abkommt. Das gilt zwar nicht für die Europa League, wo die Hessen zur Halbzeit mit sieben Punkten Tabellenführer sind, wohl aber für die Bundesliga, wo mickrige neun Zähler bestimmt nicht den Ansprüchen entsprechen. Kaum einen wurmt die fehlende Entwicklung unter dem neuen Trainer Oliver Glasner mehr als den 212-fachen Bundesligakeeper, dessen großer Ehrgeiz in Training und Spiel verbürgt ist. Und ihn stellen auch die wettbewerbsübergreifend 19 Gegentore in 14 Pflichtspielen nicht zufrieden.
Doch wie viele wären es wohl ohne Trapp? Mit seinen 39 abgewehrten Torschüssen liegt er auf dem dritten Platz im Liga-Ranking. Und immer öfter hält der Modellathlet auch die scheinbar Unhaltbaren. Irgendwie scheint es, als habe ihn die Ausbootung zu den Oktober-Länderspielen unter dem Bundestrainer Hansi Flick, der damals neben Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen überraschenderweise den beim FC Arsenal auf die Bank verbannten Bernd Leno berief, zusätzlich angestachelt. Direkt danach rettete Trapp – vor Flicks Augen – den Sensationssieg beim FC Bayern (2:1), war zuletzt auch gegen Leipzig (1:1) für das Fachmagazin Kicker wieder der Spieler des Spiels. Souverän im Strafraum, spektakulär im Eins-gegen-eins. Seine unbestraften Fehler zu Saisonbeginn gegen Dortmund, Augsburg oder Köln sind längst vergessen.
„Ich fühle mich sehr gut“, sagte Trapp. Ansonsten hat er beschlossen, für eine Berufung zu den letzten WM-Qualifikationsspielen gegen Liechtenstein (11. November) und in Armenien (14. November) nur mit Taten und nicht mit Worten zu werben. „Ich habe gemerkt, dass ich am besten damit fahre, wenn ich mich nur auf mich selbst konzentriere und fokussiere und alles andere ausblende.“ Mitnichten hat der gebürtige Saarländer, der auch bei der WM 2018 als dritter Torhüter dabei war, das Kapitel DFB-Auswahl abgehakt. Im Gegenteil: Liebend gerne würde Trapp dabei sein, wenn Flick am Freitag sein Aufgebot benennt, und dann natürlich gerne auch 2022 in Katar zur WM-Reisegruppe gehören.
Seine Identifikation mit der Nationalmannschaft ist enorm. Deshalb war und ist es für Trapp auch so wichtig, dass Eintracht Frankfurt das dritte Mal in vier Jahren auf internationaler Bühne vertreten ist. Er weiß aus seiner Pariser Zeit, dass Europapokalspiele eine größere Bedeutung erlangen. An guten wie an schlechten Tagen. Denn dass PSG einst trotz eines Kevin Trapp noch den Torwart-Oldie Gianluigi Buffon verpflichtete und der damalige Trainer Thomas Tuchel bald dem Italiener statt dem Deutschen vertraute, hatte ursächlich damit zu tun, dass der heutige Eintracht-Rückhalt am 8. März 2017 bei einer historischen 1:6-Schlappe beim FC Barcelona zwischen den Pfosten stand.
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