piwik no script img

Kostenloses Streaming aus der Bibliothek

Immer mehr Bibliotheken bieten eine Streaming-Ausleihe an. In Husum legt man Wert auf eine gute Auswahl qualitativ wertvoller Kinderfilme. Darunter befinden sich Klassiker, aber auch Brandneues von Filmfestivals. Dasselbe gibt es auch für Erwachsene

Auch der Film „Alfons Zitterbacke“ ist im Programm vieler Bibliotheks-Streamingdienste Foto: Edith Held/X Verleih AG/dpa

Von Joachim Göres

Seit vergangenem Jahr gibt es in der Stadtbibliothek Husum ein neues Angebot: Jeder, der einen gültigen Leseausweis besitzt, kann sich für den Streamingdienst filmfriend.de anmelden, einen von mehr als 2.000 Filmen auswählen und ihn dann über die Internet-Verbindung auf dem eigenen PC, dem Tablet, dem Smartphone oder unter bestimmten Bedingungen auch auf dem Fernseher anschauen – alles kostenlos.

„Wir hatten das schon vor Corona geplant und es war toll, dass wir dieses Angebot dann tatsächlich machen konnten, als die Bibliotheken geschlossen waren“, sagt Bibliotheksleiterin Sarah Weber und fügt hinzu: „Wir haben viele positive Reaktionen bekommen. Die Leserinnen und Leser waren dankbar, nicht zuletzt wegen der wirklich guten Kinderfilme.“

Zum Programm gehören Klassiker wie „Alfons Zitterbacke“, „Bibi Blocksberg“ und „Flussfahrt mit Huhn“, aber auch neue Kinderfilme von aktuellen Festivals. Jeden Monat kommen weitere Produktionen hinzu. Im September werden besonders der Tierfilm „Benny – ­allein im Wald“, die Abenteuer von „Tim und Struppi und den blauen Orangen“ oder der Zeichentrickfilm „Die schöne Anna-Lena“ empfohlen. Man findet mehrere Hundert Kinderfilme auf der Filmfriend-Homepage, alphabetisch geordnet, unter Rubriken sowie in Kollektionen mit Werken von Regisseuren wie Arend Aghte („Flussfahrt mit Huhn“). Zudem kann man Filme auch nach Altersempfehlungen suchen. Durch eine Kooperation mit dem Deutschen Kinder- und Jugendfilm­zentrum (DKJ) soll das Angebot an Qualitätsfilmen für junge Zuschauer weiter ausgebaut werden. Das DKJ bewertet auf www.kinderfilmwelt.de viele der jährlich in Deutschland erscheinenden rund 650 neuen Kinder- und Jugendfilme.

Filmfriend wendet sich auch an Erwachsene – zwei Drittel des Angebots besteht aus Spielfilmen. Wie bei den Kinderfilmen handelt es sich meistens um europäische Produktionen, aber auch das asiatische Kino ist stark vertreten. Dokumentarfilme machen zehn Prozent aus. Bei den LeserInnen der Stadt­bibliothek Husum liegen aktuell „The Dressmaker“ und „All My Loving“ in der Gunst der monatlich bis zu 70 Filmfriend-NutzerInnen ganz vorn. „Einige von ihnen haben keinen Streamingdienst abonniert, andere kennen schon viele Filme von Netflix und freuen sich über eine Alternative“, sagt Weber.

Mehr als 300 Bibliotheken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bieten mittlerweile Filmfriend an. Je nach Größe zahlen sie jährlich eine vier- bis fünfstellige Summe an den Streamingdienst. „2020 haben 620 Nutzer der Stadtbibliothek Osnabrück mehr als 4.000 Filme über Filmfriend gesehen. Um den Dienst zu finanzieren sparen wir an anderer Stelle ein, zum Beispiel bei der Anschaffung von neuen DVDs“, sagt Bibliothekar Klaus Werner.

„Wir hatten viele positive Reaktionen“

Sarah Weber, Bibliotheksleiterin Husum

„Durch Corona hat das Inter­esse an unserem Streamingdienst bei den Büchereien noch einmal deutlich zugenommen“, sagt Anett Kopielski, für das Marketing der Potsdamer Filmwerte GmbH zuständig, die für Filmfriend die Lizenzen erworben hat. Ganz aktuelle Produktionen und Blockbuster sucht man vergebens, aber es werden jeden Monat neue Streifen aus aller Welt ins Programm aufgenommen. Oft kann man wählen, ob man sie auf Deutsch, mit deutschen Untertiteln oder im Original anschauen möchte. „Das ist kein elitäres Programm, sondern wir wollen ein breites Spektrum abdecken“, sagt Kopielski. Sie betont: „Man schaut bei uns anonym, es werden keine Hinweise auf die Nutzer registriert.“

Filmfriend verkörpert den Wandel in öffentlichen Bibliotheken. In Husum stehen für die rund 4.600 NutzerInnen neben den Medien in den Regalen 96.000 elektronische Medien bereit, in erster Linie E-Books, auf die die LeserInnen über die kostenlose „Onleihe zwischen den Meeren“ Zugriff haben. „Wegen der stetig steigenden Ausleihzahlen bei der Onleihe haben wir uns für Filmfriend entschieden. Wir wollen mit der Zeit gehen“, sagt Weber.

Das Streamen hat seinen Preis: Der globale Datenverkehr besteht zu 80 Prozent aus Videodaten, die auf Servern gelagert werden. Und die verbrauchen große Mengen Energie und verursachen im großen Stil klimaschädliche CO2-Emissionen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen