Eiskunstläuferin Savchenko vor Comeback: Zurück in die Schlittschuhe
Paarlauf-Olympiasiegerin Aljona Savchenko ist 37 und will wieder aufs Eis. Nur: Die Suche nach einem Eiskunstlauf-Partner gestaltet sich schwierig.
Sie will es wie Claudia Pechstein machen: Einfach weiterlaufen, egal wie alt sie ist. Das hatte Aljona Savchenko 2016 der Presse gesagt. Pechstein ist heute 49, holte fünfmal Olympiagold im Eisschnelllauf und bereitet sich auf ihre nächsten Olympischen Spiele vor, kandidiert nebenher auch für den Bundestag. Savchenko, 37, Olympiasiegerin im Eiskunstlauf und sechsfache Weltmeisterin, hat nach ihrem im April verkündeten Karriereende im Sommer die Schlittschuhe wieder angezogen und sucht einen neuen Eispartner. In Zukunft will sie aber nicht für Deutschland Medaillen sammeln, wo es keinen Partner für sie gibt, sondern für die USA.
Die Ausnahmesportlerin, die immer süchtig nach dem Adrenalin war, das Wettkämpfe ihr geben, war nach der Olympiasaison 2018 nur noch Shows gelaufen und hatte damit den jahrelangen Trainingsfleiß endlich in Euro und Cent ummünzen können. Als aktive Läuferin in einer Randsportart waren ihr die großen Sponsoren nicht gewogen. Finanziell war sie immer klamm. 2019 brachte Savchenko zudem eine Tochter zur Welt. Und sie sammelte – allerdings wenig erfolgreich – erste Erfahrungen als Trainerin. Sie hatte darin aber nie ihre Berufung gesehen, sondern mit einer Rückkehr zum Wettkampfsport geliebäugelt, die Hoffnungen aber im April begraben, als Partner Bruno Massot, inzwischen sehr erfolgreich im Trainerfach, ihr endgültig einen Korb gab.
Im Juni erhielt die Deutsche Eislauf-Union DEU eine Mail vom US-Verband mit der Bitte, Savchenko freizugeben, damit sie in Zukunft für die USA international starten kann. Da ein Start der gebürtigen Ukrainerin für Deutschland mangels Partner nicht realistisch ist, gab der Verband sie umgehend frei. Er wollte seiner erfolgreichsten Sportlerin der vergangenen Jahre keine Steine in den Weg legen und hoffte, dass sie vielleicht später einmal in anderer Rolle nach Oberstdorf zurückkehren würde. Dort lebt sie mit ihrer Familie, hat Wurzeln geschlagen. Bei Olympia kann Savchenko für die USA nicht starten, weil ihr dazu die Staatsbürgerschaft fehlt. Aber für alle anderen Wettkämpfe ist sie fortan startberechtigt – falls sie einen Partner findet, denn als Einzelläuferin ist sie nicht konkurrenzfähig.
Als der amerikanische Verband bei der DEU anfragte, hielt sich Savchenko bereits mehrere Wochen in den USA auf und versuchte gerade eine Eispartnerschaft mit dem 21-jährigen US-Amerikaner Tommy Joe Nyman. Der Kufenkünstler war bis dahin nur Juniorenwettkämpfe gelaufen. Er ist zwar ein guter Springer, kann es aber weder im Ausdruck noch bei Hebungen und Würfen mit Savchenkos Ex-Partnern Robin Szolkowy und Bruno Massot aufnehmen. Vor allem aber: Sportlerinnen behaupten, dass Safe Sport gegen ihn und seine Trainerin Dalilah Sappenfield, die im Sommer auch Savchenko trainierte, ermittle.
Menschlich nicht einfach
Lange blieb unklar, ob das überhaupt stimmt. Anfang September dann wurde Sappenfield von Safe Sport teilweise gesperrt, Nyman ist nicht gesperrt. Savchenko hat sich inzwischen von dem 16 Jahre jüngeren Mann getrennt und ist auf Partnersuche. Der französische Choreograf Benoît Richaud, bei dem sie ein Trainingslager absolvierte, bescheinigte ihr im August, dass sie in einer Form ist, wo sie es erneut mit der Weltklasse aufnehmen könne.
Doch dazu braucht sie auch den richtigen Partner. Wer mit Savchenko auf dem Thron sitzen will, muss vorher mit ihr trainieren. Und da ist die 37-Jährige menschlich nicht einfach. Ihre Eispartnerschaft mit Robin Szolkowy hielt nur, weil der Partner stets duldsam ihre Launen ertrug. Über den aufbrausenden Bruno Massot ist überliefert, dass er mindestens einmal aus dem Trainingslager abreiste. Bei der Partnerschaft mit dem aufbrausenden Bruno Massot war Trainer Alexander König, ein ausgebildeter Mediator, öfter mit dem Kitten der Partnerschaft beschäftigt.
Seit wenigen Tagen ist Savchenko wieder in Oberstdorf, wie der dortige Stützpunktleiter Daniel Wende der taz verrät. „Sie trainiert ihre Schülerin Anna Grekul, eine Landeskadersportlerin.“ Die Teenagerin hatte sie in die USA und zu Trainingslagern nach Frankreich und Italien begleitet. Andere Schülerinnen, die sie bis April in Oberstdorf trainiert hatte, wie die hoffnungsvolle Juniorin Aya Hatakawa, waren dazu nicht bereit gewesen und hatten sich nach neuen Trainern umgesehen. Welche Pläne Savchenko verfolgt, möchte Wende nicht kommunizieren. „Das kann sie nur selbst sagen.“ Aljona Savchenko ließ Fragen der taz unbeantwortet.
So ist unklar, ob Savchenko sich mit dem Comeback wirklich einen Gefallen tut. Das Tuch zu ihrem Ex-Partner Bruno Massot, der gern noch ein paar Jahre mit ihr gemeinsam Shows gelaufen wäre, ist zerschnitten. Auch in Oberstdorf hat sie sich mit der schlecht kommunizierten Abreise in die USA kaum Freunde gemacht.
Richtigstellung:
In einer früheren Version haben wir geschrieben, Aljona Savchenko sei „fünffache Weltmeisterin“. Tatsächlich ist sie sechsfache Weltmeisterin. Die Redaktion
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!