Alle drei Tage ein Frauenmord

In Norddeutschland werden gleich drei Femizide verhandelt

Meist wird gar nicht von Mord gesprochen, sondern von Dramen

Im November 2020 soll ein Mann in der Nähe von Flensburg seine Ehefrau vergewaltigt und getötet haben. Kurz danach brannte das gemeinsame Haus ab. Zwei Monate zuvor soll ein Mann in Rendsburg eine 40-jährige Sexarbeiterin getötet haben. Als die Polizei seine Wohnung durchsuchte, fand sie die Leiche einer weiteren Frau, die er 2018 getötet haben soll. Im Februar 2021 zwei weitere Morde: Ein Mann in Hamburg soll seine Freundin und ihren Hund getötet haben – kurz darauf auch seine Mutter.

Diese Fälle werden kommende Woche vor Gerichten in Norddeutschland verhandelt. Sie alle haben eines gemeinsam: Es handelt sich um Femizide. Immer soll ein Mann eine oder mehrere Frauen getötet haben, weil sie Frauen waren. Das passiere in Deutschland durchschnittlich jeden dritten Tag – heißt es von Frauenberatungsstellen. Meist handele es sich bei den Opfern um die Partnerin oder Ex-Partnerin des Mörders.

Im aktuellen Fall nahe Flensburg hatte sich das Opfer einige Zeit vorher vom Angeklagten getrennt und war wieder in einer neuen Beziehung. Die Staatsanwaltschaft hält dies auch für das Motiv. Laut Deutschem Juristinnenbund ist eine Trennung oder eine Trennungsabsicht der Partnerin bei fast allen Femiziden in Deutschland das Tatmotiv.

Nicht nur deshalb ist der Fall beispielhaft. Auch die Bild-Schlagzeile „Todes-Drama im Klinker-Idyll“ ist nicht ungewöhnlich für den gesellschaftlichen Umgang mit Frauenmorden. Denn es wird meist gar nicht erst von einem Mord gesprochen oder gar von patriarchaler Gewalt, was das korrekte Vokabular wäre. Frauenmorde werden oft noch als Todes- oder Familiendrama beschrieben. Damit gibt man aber auch den getöteten Frauen eine indirekte Schuld an ihrem Tod und verharmlost das Verbrechen. Die Deutsche Presseagentur verwendet deshalb seit 2019 keine Begriffe wie „Familientragödie“ oder „Beziehungsdrama“ mehr.

Die gesellschaftliche Wahrnehmung ist aber auch deshalb getrübt, weil es kaum Statistiken zu Femiziden gibt. In der Hamburger Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 ist zwar dem Handtaschenraub ein eigenes Unterkapitel gewidmet, es findet sich aber auf 350 Seiten kein einziges Mal das Wort Femizid.

Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft führt keine Statistik. Auf taz-Anfrage teilte man mit, dass man sich nach kurzem „Brainstorming“ in der zuständigen Abteilung dieses Jahr an etwa sechs Fälle erinnere. Finn Walter