gallery good: Im Charme der Populärkultur
Stillleben, nichts als Stillleben. Aber was für welche! Schon mit Blumen und schönen Vasen und dem einen oder anderen glänzenden Insekt. Aber dann hängt das Stillleben im Stillleben lustigerweise nochmal an der Wand und daneben der Wanderer über dem Nebelmeer, oder es steht ein schicker Matisse am Boden und das Bild heißt dann auch „Still life #13 (Matisse)“ (2020). Fast immer ist in den Bildern irgendwo ein alter japanischer Holzschnitt mit einer pornografischen Szene zu entdecken, nicht nur im „Still life #3 (Porno Light)“.
Die Bilder stammen von ATAK. So lautet der Nom de Guerre von Georg Barber, 1967 in Frankfurt an der Oder geboren. In den 80er Jahren gehörte er zur Punkszene der DDR, wo er mit Schablonenbildern und Comics auf sich aufmerksam machte. Nach der Wende studierte er Visuelle Kommunikation an der HdK und engagierte sich in der Berliner Comicszene. Inzwischen ist er weit darüber hinaus bekannt und Professor für Illustration an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein.
Mit seinen Arbeiten auf Papier und auch Leinwand geht es in der Gallery Good, die Steffi Gritz und Katharina Röhler letztes Jahr im März in Schöneberg eröffnet haben, wieder einmal rasend bunt zu. Gleich mit der ersten Ausstellung brachten die Schlumper, ein Kollektiv von Künstler:innen mit Behinderung aus Hamburg, heftig Farbe in die Galerie, die ganz anders ausschaut als der übliche White Cube – nämlich wohnlich, dank schöner Einzelstücke, die in den Räumen verteilt stehen, ausgesuchte Sessel und Sofas aus den 1950er und 60er Jahren.
ATAK passt da wunderbar hinein, denn seine Art der Illustration kokettiert nostalgisch mit der Nachkriegsmoderne, mit Cool Jazz und frankobelgischem Comic. Tintin wird vom Künstler genauso gerne herbeizitiert wie die japanischen Holzschnitte, und selbstverständlich, möchte man sagen, ist Chet Baker (My Funny Valentine) ein Stillleben gewidmet. Aber auch das Poesiealbum steckt in den Bildern, und Kinderspielzeug wird zum Schaustück. „Flowers of Romance“, wie die Schau heißt, beschwört in einer ungemein anregenden Tour d’Horizon noch einmal den Charme der Populärkultur in all ihren fantastischen bis skurrilen visuellen Ausdrucksformen. Brigitte Werneburg
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