piwik no script img

Entdeckungen im Hinterhof

Nicht bloß die immer gleichen Erfolgsprodukte: Das Oldenburger Cine K setzt für sein „Draußen Kino Festival“ auf eine gut kuratierte Auswahl

Von Wilfried Hippen

Kino unter freiem Himmel: Es scheint die selbsterklärende Antwort auf die Hygienebeschränkungen zu sein, in deren Folge ja selbst ausverkaufte Säle nicht einmal halb voll sein dürfen. Aber einige der traditionellen Großveranstaltungen – etwa das Freiluftkino auf dem Hamburger Rathausmarkt oder das „Kino im Hafen“ in Bremer­haven – wurden in diesem Jahr, dem zweiten unter Pandemiebedingungen, gerade abgesagt.

Das „Draußen Kino Festival“ in Oldenburg findet statt, und das liegt wohl an den besonders günstigen Bedingungen: Das Open-Air-Kino eröffnet auf dem Hinterhof der „Kultur­etage“, nur ein paar Schritte vom Cine K entfernt. Dadurch sind die Wege kurz, und wenn das Wetter nicht mitspielen sollte, kann kurzfristig in einen der Säle drinnen ausgewichen werden. „Schietwetter-Programm­änderung“, so heißt das dann auf der Homepage des Cine K.

An die Nachbarschaft wurde auch gedacht: Der Ton wird über Kopfhörer übertragen, die das Cine K bereitstellt. Etwas lauter könnte es allerdings bei den Vorprogrammen werden. Bis es dunkel genug ist für die Filmvorführungen stehen Lesungen und Diskussionen, aber auch Konzerte auf dem „Draußen“-Programm.

Noch ein Plus: Das „Queer Film Festival“ wurde integriert, und so kann vom 26. bis 30. August immerhin eine Notausgabe mit acht Filmen stattfinden. Komplizierterweise werden die allerdings teils in den Sälen gezeigt, so eröffnet das queere Festival in der Halle der Kultur­etage mit einem Klassiker des Trans*kinos: „Gender­nauts“ von Monika Treut (26. 8., 17.30 Uhr).

Auf dem Programm stehen nicht die üblichen Erfolgsfilme der Saison – stattdessen ist die Filmauswahl gut kuratiert und bietet die Chance für Entdeckungen. Ein paar Beispiele: Am heutigen Donnerstagabend die deutsch-israelische Komödie „Hannas Reise“ (2013). Darin erzählt Regisseurin Julia von Heinz von einer jungen Deutschen, die es in ein Behindertenheim in Tel Aviv verschlägt.

Punk-Rap und Sommer-Jazz

Am Freitag steht mit „Silvana“ eine schwedische Dokumentation über eine feministische Punk-Rapperin mit litauischen und syrischen Wurzeln auf dem Programm. Eine ganz andere Art von Musikfilm läuft dann am Sonntag: „Jazz an einem Sommerabend“ gilt als einer der schönsten Jazzfilme aller Zeiten. Gedreht wurde er an einem einzigen Tag beim New Port Jazzfestival 1958, und zu den vom Regisseur Bert Stern grandios fotografierten Mu­si­ke­r*in­nen zählen Louis Armstrong, Thelonious Monk, Mahalia Jackson – und seltsamerweise der Rock ’n’ Roller Chuck Berry. Zum Vorbild für Michael Wadleighs „Woodstock“-Doku von 1970 wurde der Film aber, weil er auch das Publikum und seine Reaktionen zeigt; das waren dort allerdings gut gekleidete und frisierte Bil­dungs­bür­ge­r*in­nen, nicht zottelige Hippies. Das folgerichtige, nämlich jazzige Vorprogramm stellt das Oldenburger Duo Jonas Mosebach und Sarina Lal.

Am letzten Abend, am 31. ­August, diskutieren Gäste ab 19 Uhr zum Thema „Zukunft des Kinos? Kino der Zukunft“, eingeladen sind dazu unter anderem der Schauspieler Banafshe Hourmardi und aus Hannover die Betreiber des Minikinos „Lodderbast“, Wiebke und Johannes Thomsen. Den echten Abschluss bildet dann doch noch Kino: Anschließend präsentieren alle Dis­kus­si­ons­teil­neh­me­r*in­nen je einen Kurzfilm ihrer Wahl.

Bis Di, 31. 8., Oldenburg, hinter der Kulturetage. Programm und Infos: www.cine-k.de/events/festival/draussen-kino-2021

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen