Empörung über Kinderehen in Simbabwe: Memory ist tot
Die mit 13 Jahren zwangsverheiratete Memory Machaya starb bei der Kindsgeburt. Kinderehen in Simbabwe sind zwar verboten, aber weitverbreitet.
Memory Machaya heiratete im Alter von 13 Jahren. Ihr Ehemann Evans Momberume war eigentlich mit ihrer älteren Schwester verheiratet, aber als die starb, wurde die nächstältere Schwester zur Ersatzfrau, gemäß der in der Shona-Sprache „chigara mapfihwa“ genannten Tradition. Memory musste also die Schule verlassen und ging zu ihrem Schwager. Sie wurde schwanger und starb vor wenigen Wochen während der Geburt ihres Sohnes im Tempel der Apostolischen Kirche ihrer Heimatregion Marange im Osten Simbabwes.
Memorys Familie sollte daraufhin die nächste Tochter hergeben, erst neun Jahre alt. Aber da war die Empörung in Simbabwe über den Tod der 14-jährigen, der im Juli erfolgte, schon zu groß. Eine am vergangenen Donnerstag gestartete Onlinepetition „Gerechtigkeit für Memory“ mit der Forderung, Simbabwe möge endlich gegen die verbreiteten, aber gesetzlich verbotenen Kinderehen vorgehen, erreichte bis Montagfrüh über 60.000 Unterschriften.
„Ein Mädchen in die Ehe zu zwingen, verursacht unsägliches Leid und langanhaltenden Schaden“, sagt Dewa Mavhinga, Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch für das südliche Afrika. Die Mädchen würden vergewaltigt, misshandelt, im Haus eingesperrt und gegen ihren Willen geschwängert. „Ich habe mit Memorys verzweifelten Angehörigen gesprochen“, enthüllte Mavhinga. „Sie sagen, sie stünden unter Druck ihrer Kirche, nicht über den Fall zu sprechen. Die Familie will Gerechtigkeit für Memory.“
Ein Gläubiger der Apostolischen Kirche Simbabwes sagte: „Sobald ein Mädchen die Pubertät erreicht, kann jeder Mann der Kirche sie zur Frau nehmen.“ Simbabwes Polizei hat nun Ermittlungen aufgenommen, die staatliche Genderkommission untersucht den Fall.
2016 hatte Simbabwes Verfassungsgericht in einem wegweisenden Urteil Kinderehen für verfassungswidrig erklärt und das Mindestalter von 18 Jahren für die Ehe festgelegt, ohne Ausnahme. Das Hilfswerk World Vision berichtet aber, dass Ehen und Schwangerschaften von Teenagern in Simbabwe während der Covid-19-Pandemie stark zugenommen haben – eine Folge der Schulschließungen, vor allem in Dörfern und unter marginalisierten Gruppen.
Die Regierung von Präsident Emmerson Mnangagwa hat verfügt, dass keine Schwangere aus dem Schulunterricht ausgeschlossen werden darf. „Die Zukunft von Millionen von Mädchen hängt davon ab, dass Simbabwes Regierung das Verbot der Kinderehe durchsetzt“, sagt Menschenrechtler Mavhinga.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos