piwik no script img

Skaten bei OlympiaFett mit Brett

Yuto Horigome möchte eine olympische Medaille im neuen Skateboard-Wettbewerb gewinnen. Die nötige Gelassenheit dafür hat der Japaner schon mal.

Sicher auf dem Brett: Japans Skateboarder Yuto Horigome Foto: Ezra Shaw/getty images

Tokio taz | An der berühmten Shibuya-Kreuzung in Tokio fliegt er mit seinem Skateboard durch die Luft. Natürlich nicht dort, wo Tausende von Menschen in der Grünphase kreuz und quer in alle Richtungen gehen, sondern auf einer riesigen Werbefläche, die an einem der Hochhäuser dort angebracht ist. Yuto Horigome ist zu einer der großen Werbefiguren der Spiele in Tokio geworden. Und voller Stolz macht der 22-Jährige darauf auch auf seinem Instagram-Account aufmerksam.

Im neu geschaffenen Ariake Urban Sports Park werden an diesem Wochenende erstmals olympische Skateboardwettbewerbe ausgetragen, und es ist gut möglich, dass von dieser Stelle aus doch noch erste Funken olympischer Begeisterung in die Wohnzimmer der japanischen Haushalte übertragen werden. Denn der Gastgeber kann zur Premiere einige Medaillenkandidaten ins Rennen schicken. Horigome ist darunter der lokale Held. Olympia im eigenen Land sei schon sehr speziell, sagte er diese Woche. „Aber zudem befindet sich das Stadion im Stadtteil Kōtō, aus dem ich komme.“

In den Parks hier hat er seine ersten Tricks im Alter von sieben Jahren von seinem Vater, ebenfalls einem passionierten Skateboarder, beigebracht bekommen, bevor er dann mit 18 Jahren in die Welthauptstadt der Rollbrettkünstler nach Los Angeles zog, um sich mit den Besten messen zu können. In der Skaterszene war der Wettbewerbsgedanke lange verpönt und eine Eingliederung in die olympische Familie unvorstellbar, weil man sich seiner eigenen Freiheiten nicht berauben lassen wollte. Es wurde davor gewarnt, die eigene Identität, die insbesondere auf das jüngere Publikum eine große Anziehungskraft ausübt, an die olympischen Funktionäre zu verkaufen.

Ein großer Teil der Szene, zu der Horigome zählt, versteht dagegen nicht, warum man sich den Wachstumschancen verschließen sollte. Dass durch den coronabedingten Ausschluss der Zuschauer der Wettbewerb nun in steriler Reinform dargeboten wird, ist aber auch für Horigome keine schöne Vorstellung. Bevor diese Entscheidung getroffen wurde, sagte er: „Es gibt immer noch einen Unterschied zwischen dem Liveerlebnis und dem Fernsehen, also möchte ich, dass so viele Leute wie möglich es persönlich sehen.“

Wider den Dominator

Jetzt, da das erste Date zwischen den Skateboardern und den Olympiafreunden geplatzt ist, wird nur das TV-Publikum sehen können, wie lässig und geschickt die japanische Medaillenhoffnung am Sonntag in der Disziplin Street einen Parcours aus Bänken, Treppen, Bordsteinen und Mauern meistert. Seit 2019 steht er in der Weltrangliste an zweiter Stelle. Der Star der Szene ist nach wie vor der US-Amerikaner Nyjah Huston, der schon 2006 im Alter von elf Jahren als jüngster Teilnehmer der X-Games in die Geschichte einging und seither 18 Medaillen beim bedeutendsten Skater­event einfuhr.

Dass Horigome in der Lage ist, Huston zu bezwingen, hat er Anfang Juni bei der Skateboard-WM in Rom bewiesen, die zugleich der Qualiwettbewerb für Olympia war. Er gewann den Titel knapp vorm großen Favoriten und erklärte hernach: „Das gibt enormes Selbstvertrauen. Es ist etwas Besonderes, den derzeit besten Skateboarder hinter mir gelassen zu haben.“

Sollte ihm das am Sonntag bei seinem Heimspiel in Tokio erneut gelingen, dürfte dies der einheimischen Skaterszene, die Horigome als sehr familiär und besonders beschreibt, einen weiteren Schub verleihen. Ohnehin ist die Skateboard­begeisterung in Japan groß. Auch bei den Frauen-Wettbewerben stehen am Samstag die Chancen auf japanische Erfolge gut. Aori Nishimura tritt ebenfalls als Weltmeisterin beim Street-Wettbewerb an wie die WM-Zweite Momiji Nishiya, die erst 13 Jahre alt ist.

Ein Problem könnten die großen Erwartungen der eigenen Landsleute für die Psyche im Wettkampf werden. Wobei Yuto Horigome eine Gelassenheit zeigt, die man von einem Skateboarder erwartet. „Ich habe keine Strategie. Ich werde einfach skaten, meine Tricks zeigen und wenn ich sie gut mache, wird eine Medaille möglich sein.“ Horigome neigt wirklich nicht dazu, aus seinem Sport eine Wissenschaft zu machen. Als er gefragt wurde, wie er seinen Stil auf dem Brett beschreiben würde, antwortete er: „Ich will einfach nur Spaß haben.“ Ein Satz, der die Hüter der Olympischen Spiele, die um jüngere Fans buhlen, verzücken wird.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Bmx, inliner, skaten und scooter



    Das sind Sportarten der Zukunft, damit macht olympia Spaß