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Missbrauch in Polens katholischer KircheUnglaubwürdige Bischöfe

Ein Bericht zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder durch Geistliche lässt Fragen offen. Weder gibt es präventive Maßnahmen noch härtere Strafen.

Priester beim diesjährigen Ostersegen in Lublin Foto: reuters

Warschau taz | Wie ein Häufchen Unglück sitzen sie da: Polens römisch-katholische Bischöfe, die in einer Videokonferenz die neuesten Zahlen zur Pädophilie in den eigenen Reihen bekannt geben. Doch der Bericht des Episkopats nennt nur jene Fälle, die der Öffentlichkeit oft schon seit Jahren bekannt sind.

Von 2018 bis 2020 hätten sich bei den kirchlichen Behörden 368 Personen gemeldet, die in den Jahren 1958 bis 2000 von katholischen Geistlichen sexuell missbraucht und vergewaltigt worden seien, listet der Bericht auf. Doch obwohl Papst Franziskus inzwischen fünf polnische Bischöfe und einen Kardinal wegen Vertuschung sexueller Straftaten an Kindern bestraft und abberufen hat, ist auch dieser Bericht wieder kein Durchbruch.

„Moralisch sind die Bischöfe heute völlig unglaubwürdig“, sagt Artur Nowak, Anwalt und auf Pädophilie spezialisierter Publizist. „Bischöfe, die seit Jahrzehnten sexuelle Straftaten von Priestern vertuschen, können nicht Richter in eigener Sache sein.“ Zudem reiche eine allgemein gehaltene Bitte um Vergebung nicht aus. Neben Reue müsste Polens katholische Kirche auch Wiedergutmachung leisten und die Vergewaltigungsopfer finanziell entschädigen.

Doch die in ihren prunkvollen Palästen lebenden Bischöfe hätten den Kontakt zur realen Welt der Gläubigen verloren. Obwohl sie diesen bei einem Schuldeingeständnis Sühneleistungen abverlangen, weisen die Bischöfe dies für sich selbst und die katholische Kirche als Institution zurück. Ohne eine Wiedergutmachung für die Opfer, so Artur Nowak, degeniere die Kirche aber zu einer Folkloreveranstaltung von Priestern, die zu Ostern bunt bemalte Eier mit Weihwasser besprenkelten.

Dem Bericht zufolge wurden von den Personen, die sich von 2018 bis 2020 bei den Kirchenbehörden als Opfer meldeten, 300 Jungen und Mädchen von Priestern missbraucht und 68 von Mönchen. Rund 47 Prozent der Kinder sei unter 15 Jahre alt gewesen, etwas über 47 Prozent im Alter von 15 bis 18 Jahren. In beiden Altersgruppen halte die Zahl der vergewaltigten Mädchen und Jungen die Waage. In rund fünf Prozent der Klagen fehle eine Altersangabe.

Kirche als gefährlichster Ort

Als gefährlichste Orte für katholische Kinder, die Opfer sexueller Gewalt wurden, erwiesen sich die Kirchen (104 dienten als Mi­nis­trant*­tin­nen beim Gottesdienst), die Schulen, in denen Priester und Mönche Religionsunterricht erteilen (71 Kinder) sowie katholische Freizeitgruppen (61 Kinder). Doch die Täter in der Soutane fanden ihre Opfer auch in katholischen Kinderchören und Ferienlagern sowie auf Pilgerfahrten.

Die meisten Kinder wurden über mehrere Monate und Jahre hinweg immer wieder vergewaltigt. Manche bis zu zehn Jahre lang. Adam Zak, der Beauftragte der Kirche für die Aufklärung und Verfolgung von Missbrauchsfällen, sprach auf der Konferenz von einer „Welle an Berichten“ über Missbrauchsfälle, seit 2919 ein vorläufiger Bericht für den Zeitraum 1990 bis 2018 vorgelegt worden sei. Die Glaubenskongregation des Vatikans habe 144 Berichte als glaubwürdig eingestuft, ermittle noch in 186 Fällen und habe 38 Berichte als „unglaubwürdig“ zurückgewiesen.

Ob die mutmaßlichen Täter der Staatsanwaltschaft gemeldet wurden, geht aus dem Bericht nicht hervor. Die von den Kirchenoberen verhängten Strafen waren bislang eher milde. In den meisten Fällen wurden zeitlich befristete Verbote ausgesprochen, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder aber seelsorgerisch bei Kindern und Jugendlichen tätig zu sein. Auch Versetzungen in eine neue Gemeinde gehörten bislang zu gängigen „Strafen“.

Obwohl 18 Prozent aller jetzt bekannt gegebenen Fälle sich in den Jahren 2018 bis 2020 zugetragen haben, kündigte das Oberhaupt der polnischen Kirche, Erzbischof Wojciech Polak, keine Präventivmaßnahmen oder härtere Strafen an, um weiteren Kindesmissbrauch durch Geistliche zu verhindern. Nur der Vatikan lässt inzwischen gegen den Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz ermitteln. Der ehemalige Sekretär von Papst Johannes Paul II. soll ebenfalls in die Vertuschung sexueller Straftaten von katholischen Geistlichen verstrickt sein.

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