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Antiziganismus-Bericht für DeutschlandSechzig Handlungsempfehlungen

Ein 500-Seiten-Bericht klärt über Antiziganismus in Deutschland auf – und stellt Forderungen an die Politik. Was davon umgesetzt wird, bleibt unklar.

Horst Seehofer und der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose (l.) Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Berlin taz | Am Dienstag stellten Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, einen Bericht über Antiziganismus vor. Was aus dem Bericht für politische Konsequenzen gezogen werden können, bleibt angesichts der zu Ende gehenden Legislatur jedoch offen.

Eine unabhängige elfköpfige Kommission hatte den 501-seitigen Bericht innerhalb von zwei Jahren im Auftrag der Bundesregierung erarbeitet. Einen „Meilenstein“ bei der systematischen Betrachtung und Analyse des Antiziganismus nannte Seehofer den Bericht.

Er skizziert verschiedene Gestalten von gegen Sin­ti:­ze und Rom:­nja gerichteten Rassismus. So sei die Minderheit in Deutschland häufig von Verdächtigungen aufgrund ihres Aussehens betroffen. Auch Rassismuserfahrungen im Alltag wie herabwürdigende Blicke oder Getuschel seien ein Problem. Bis zu Anschlägen und körperlicher Gewalt gehe der Antiziganismus in Deutschland jedoch.

Ein Verdienst des Berichts sei, dass er deutlich mache, welche Formen Antiziganismus annehmen könne, meint Rose. Auch in den Medien sei dieser ein Problem. Betteln und Kriminalität würden ethnisiert und einer homogenen Gruppe „der Roma“ zugeschrieben. Die Presse dürfe solche Vorurteile nicht weiter vermitteln und so verfestigen, fordert Rose.

Seehofer: „Time over heißt es bei mir“

Der Bericht zeige auch, dass Antiziganismus als Normalität gelte. „Ein Bewusstsein und die Wahrnehmung der massiven Diskriminierungen von Sinti und Roma in nahezu allen Lebensbereichen fehlen fast vollständig“, so Rose. Obwohl Rose viel Lob für die Bundesregierung übrig hat, verweist er doch auf Mängel: Die Bekämpfung des Antiziganismus könne auf keinerlei Instrumente, Materialien oder Einrichtungen zurückgreifen. Sie müsse nahezu bei null ansetzen.

60 Handlungsempfehlungen und sechs konkrete Forderungen formuliert der Bericht denn auch. So zum Beispiel die Einsetzung eines Beauftragten der Bundesregierung gegen Antiziganismus oder die Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung des Unrechts nach 1945. Seehofer kündigte an, man werde diese Forderungen jetzt prüfen. Er persönlich habe für die „allermeisten“ Forderungen Sympathien.

Im Bericht wird jedoch auch die Rücknahme der Einstufung von Serbien, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Albanien, Montenegro und dem Kosovo als sichere Herkunftsstaaten gefordert. Diese sei nicht haltbar, wenn man die menschenrechtliche Situation insbesondere von Rom:­nja in diesen Staaten in den Blick nehme. So weit will Seehofer aber nicht gehen. „Da diskriminieren wir niemanden“, meint der Innenminister.

Eine künftige Bundesregierung müsse die Erkenntnisse des Berichts aber in ihre Arbeit miteinbeziehen. Er selbst könne leider nicht mehr viel tun. „Time over heißt es bei mir“, sagt der Innenminister mit Blick auf das Ende seiner Amtszeit.

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