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Aus für Berliner KünstlerkollektivUnd es hat Peng! gemacht

Das Peng!-Kollektiv verkündet über den Kurznachrichtendienst twitter sein Ende. Grund seien Zerwürfnisse innerhalb der Gruppe.

Auch das war Peng: Installation auf der Manifesta 12 für zeitgenössische Kunst in Palermo 2018 Foto: dpa

Berlin taz | In seiner letzten großen Aktion richtete sich das Berliner Künstlerkollektiv Peng im März diesen Jahres direkt an die Mitarbeitenden des Mainzer Impfstoffherstellers Biontech. Deren Firma verdiene sich an dem Vakzin dumm und dämlich, während ärmere Länder vor allem in Afrika wohl noch Jahre lang darauf warten müssten, mit dem lebensrettenden Mittel versorgt zu werden, da erst die Industrie­staaten an der Reihe seien. Deswegen der Appell von Peng an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma: Leakt die Formel des Impfstoffs auf einer extra dafür eingerichteten Website.

Es war eine dieser typischen Provonummern von Peng: frech, smart, hochprofessionell. Auch dank dieser künstlerischen Intervention wurde eine Weile lang das Für und Wider der Freigabe von Impfstoff-Formeln für alle diskutiert. Peng erlebte zu diesem Zeitpunkt ein echtes Popularitätshoch.

Plötzlich kannte jede und jeder die Prankster aus Berlin. Was vor allem daran lag, dass Jean Peters, einer der Gründer der Gruppe, ein viel beachtetes Buch herausbrachte, das von ihm und seinen Aktionen bei Peng berichtete. Das Sahnetorten-Attentat auf AfD-Frau Beatrix von Storch ging beispielsweise auf seine Rechnung, erfährt man in diesem. Und wie er es bewerkstelligt hatte.

Ein wenig verwunderlich wirkte es ja da schon, dass eine Einzelperson aus dem Maschinenraum einer Gruppe plauderte, die sich explizit der Identitätslosigkeit verschrieben hatte und jede Aktion dem Kollektiv und nie einer Einzelperson zuschreiben ließ.

Die Party ist vorbei

Doch wie sehr sich Peters zu dem Zeitpunkt bereits vom Rest des Kollektivs entfremdet zu haben schien, davon bekommt man erst durch eine am Montag via Twitter verbreitete längere Mitteilung der Gruppe eine Ahnung. Sie ist eine an Schärfe kaum zu überbietende, hemmungslos persönliche Abrechnung mit Peters und seinem Buch. Peters würde einen Persönlichkeitskult betreiben, heißt es da, sich als Genie und Strippenzieher selbst vermarkten. Und: „Das Buch ist uns peinlich und widerspricht all unseren Grundsätzen.“ Außerdem ist die Rede von Sexismus und Chauvinismus innerhalb des Kollektivs, wofür ebenfalls Peters und sein Verhalten ursächlich sein sollen. Schon seit Jahren gebe es deswegen eigentlich zwei Peng-Gruppen unter demselben Namen: das eigentliche Kollektiv und Peters Solo-Performance.

Nun sei man müde davon, sich ständig untereinander aufzureiben. Die Schlussfolgerung: „Wir hatten eine gute Party, aber sie ist vorbei.“ Der Tweet werde das letzte Statement von Peng sein, die Gruppe gelte hiermit offiziell als aufgelöst und man werde nichts mehr von ihr hören.

Der Account, von dem der Tweet abgeschickt wurde, ist tatsächlich der von Peng. Allerdings bleiben die Verfasser anonym, was freilich ganz der eigentlichen Peng-Philosophie entspricht. Ob hier die Kommunikationsguerilla eventuell selbst gehackt wurde oder gar eine neue Aktion vorbereitet, lässt sich nicht hundertprozentig sagen. Dementi über diesen oder andere Kanäle gibt es bislang jedenfalls nicht. Es hat Peng bei Peng gemacht, könnte man wohl sagen, wäre das nicht ein eigentlich verbotener Kalauer.

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