Rechtsextremismus bei der Polizei: Für Aufklärung disqualifiziert
Der hessische Polizeiskandal spitzt sich weiter zu. Was schon jetzt feststeht: Mit Beuth als Innenminister wird es keine echte Aufarbeitung geben.
E s ist nicht einmal eine Woche her, dass Peter Beuth (CDU) geknickt vor die Presse trat. Hessens Innenminister verkündete letzten Donnerstag die Auflösung des Frankfurter Spezialeinsatzkommandos (SEK). 19 aktive Elitepolizisten sollen rechtsextreme Inhalte in einer Chatgruppe geteilt haben. Beuth versprach das große Aufräumen, einen „Neuanfang“.
Dieser Neuanfang wird nicht stattfinden, so viel ist knapp eine Woche später sicher. Bereits am Freitag berichtete die FAZ von mehreren weiteren beschuldigten Polizisten, gegen die intern ermittelt werde. Beuth verschwieg das in seiner großen Inszenierung als Aufklärer.
Am Dienstagabend im Landtag musste Beuth nun einräumen: Gegen 29 weitere Beamte wird disziplinarrechtlich ermittelt, strafrechtlich relevant seien die Chatnachrichten aber nicht. Zudem verwies Beuth auf weitere, skandalöse Umstände in den Diensträumen der Elitetruppe.
Martialische Bilder zieren die Wände, wohl auch Symbole der rechtsextremen Identitären Bewegung. Die Diensträume müssten renoviert werden, sie seien für einen Neustart der Einheit „unbrauchbar“, so Wiesbadens Polizeichef Stefan Müller. Ein leeres, aber doch vielsagendes Wörtchen. Beuth attestierte der Dienstgruppe eine „Verrohung“. Die genaue Dimension der Missstände ist wohl schwer zu erahnen.
13 der Beschuldigten waren in Hanau im Einsatz
Der hessische Polizeiskandal wird zunehmend zum Fass ohne Boden. Geklaute Munition, illegale Datenabfragen in Polizeirevieren vor Drohschreiben eines „NSU 2.0“, jetzt das SEK. Und: 13 der derzeit Beschuldigten waren am Tag des rassistischen Terroranschlags in Hanau im Einsatz. Betroffene kritisieren immer wieder Versäumnisse der Polizeiarbeit vor Ort.
All das bedarf einer gründlichen Aufklärung, einer Untersuchung, wie die vielen Fälle sich zueinander verhalten, ob und welche Netzwerke es gibt. Fest steht: Beuth wird dies nicht leisten können. Der Innenminister vertuschte die Dimensionen des Falls – an Tag eins seiner Informationsoffensive. Beuth hat sich dafür längst disqualifiziert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Wahlkampfchancen der Grünen
Da geht noch was
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!