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Lecker Torte essen?

Kulturtourismus-Fachmann Jens Joost-Krüger über Worpswede: „Man muss den Kontakt der internationalen Kunst mit diesem Dorf auch zeigen!“

Jens Joost-Krüger ist Experte für Kulturtourismus. Der gelernte Sozialwissenschaftler entwickelte mit der Tourismusagentur „Stadt Land Fluss“ bereits Konzepte für die Schlachteerschließung, als das städtische Weserufer noch Dauerparkplatz war. Sieben Jahre war er sowohl Geschäftsführer der Worpsweder Touristik als auch der Teufelsmoor GmbH, anschließend sollte er Bremen zur „Kulturhauptstadt Europas“ 2010 machen.

taz: Worpswede wird ja nun doch nicht – als Bremens Kunst-Annex – Kulturhauptdorf Europas. Soll man im Sommer trotzdem hinfahren?

Jens Joost-Krüger: Auf jeden Fall. Schließlich ist Worpswede trotzdem das Weltdorf der Kunst. Es ist die einzige Künstlerkolonie, die seit ihrer Gründung vor fast 130 Jahren bis heute ihre künstlerische Kontinuität bewahrt hat.

Allerdings ist dabei auch ein nachhaltiges Erdbeertorten-Image entstanden.

Es gibt beides. Neben dem Phänomen „Wir fahren Torte essen im Künstlerdorf“, das von vielen Busreiseveranstaltern entsprechend vermarktet wird, gibt es auch viele Besucher mit einem spezifischen kunsthistorischen Interesse. Nur sieht man die nicht auf den allerersten Blick.

Aber Fischerhude ist sowieso viel idyllischer, oder?

Fischerhude ist als Dorf präsenter und ursprünglicher, dafür hat sich in Worpswede die künstlerische Tradition viel stärker Ortsbild niedergeschlagen: In Gestalt der zahlreichen Künstlerwohnhäuser und -werkstätten, die man besichtigen kann.

Wie finden Sie das Programm des aktuellen „Sommer in Worpswede?

Sehr ansprechend. Insbesondere, weil es mit „MenschenBilder“ unter einem gemeinsamen Thema präsentiert wird.

Wobei man es auch übertrieben finden kann, dass ein derart allgemein gültiges Begriffspaar als „Fokus“ bezeichnet wird.

Das stimmt. Aber die Ausgestaltung fasert nicht auseinander.

Die Worpsweder Museumsszenerie verändert sich derweil: Die „Große Kunstschau“ wird umgebaut und mit der Umwidmung des Roseliusbaus für Ur- und Frühgeschichte in ein Kunstmuseum ist die alte „Väterkunde“ endgültig eingemottet – als letzte Spur von Roselius’ völkischer Weltanschauung, die auch dem Konzept der Böttcherstraße zugrunde liegt.

Ich fand es auch immer bedauerlich, dass weder mit Ludwig Roselius’ noch mit Bernhard Hoetgers politischer Haltung offener umgegangen wurde.

Was liegt in Worpswede außerdem im Argen?

Ich würde mir wünschen, dass das Augenmerk stärker auf die Kunst der wechselnden Stipendiaten gelegt wird. Diese Künstlerförderung müsste viel höher gehängt werden. Man muss den Kontakt der internationalen Kunst mit diesem Dorf schließlich auch zeigen.

Also: Die Mischung „kleine Orte – große Kunst“ ist eigentlich ein Renner?

Genau. Das kulturelle Leben zieht sich immer stärker in die Städte zurück. Diesen Trend muss man umkehren. Ein gutes Beispiel ist das Nannen-Museum in Emden mit seinen qualitativ sehr guten Ausstellungen. Und Worpswede hat ebenfalls das Potential dafür.

Interv.: Henning Bleyl

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