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Dominante Turner aus Halle Lohnender Standortwechsel

Bei den Finals 2021 im Turnen fallen die Schützlinge von Trainer Hubert Brylok aus Halle auf – vor allem der deutsche Meister Lukas Dauser.

Vielseitig: Mehrkampfmeister Lukas Dauser hoch über dem Reck Foto: Laci Perenyi/imago

Es ist ein besonderes Trio, das in Dortmund im Rampenlicht stand. Lukas Dauser heißt der diesjährige deutsche Mehrkampfmeister. Er gewann vor Nils Dunkel, der außerdem deutscher Meister am Pauschenpferd ist. Dauser wiederum ist zudem deutscher Meister am Boden und am Barren, wo er seinen Schwierigkeitswert auf beeindruckende 6,8 Punkte steigerte. Deutscher Meister an den Ringen ist Nick Klessing.

Die drei Turner starten bei den Meisterschaften für ihre Heimatvereine, aber eines eint sie: Alle trainieren bei Hubert Brylok in Halle. Der 61-Jährige hat in Dortmund meist ein entspanntes Lächeln im Gesicht. Dauser zeigte einen fast fehlerfreien Mehrkampf und alle drei Brylok-Schützlinge könnten im Tokio-Team stehen. Es wären drei von vier Athleten, denn die Mannschaftsstärke wurde für diese Spiele erneut beschnitten.

Hubert Brylok? Der SV Halle? Weder sein Name noch der Traditionsverein aus Sachsen-Anhalt waren in den letzten Jahren häufig in den Schlagzeilen, wenn es um das deutsche Männerturnen ging. Meist drehte sich alles um andere: Um Valeri Belenki aus Stuttgart zum Beispiel, momentan Interims-Cheftrainer und Trainer von Marcel Nguyen, dessen Karriere nach einem Kreuzbandriss wohl beendet ist.

Vor allem aber um Andreas Hirsch, den langjährigen Cheftrainer, der im letzten Jahr zur Bundespolizei wechselte, und um seinen Sohn Robert, der im Berliner Turnzentrum in Hohenschönhausen seinem Vater als verantwortlicher Trainer etlicher Nationalmannschaftsturner folgte. Bis letzten Sommer gehörte dazu auch Lukas Dauser. Der Münchner, der zuerst beim TSV Unterhaching ausgebildet wurde, war auf Bestreben von Andreas Hirsch bereits als 18-Jähriger nach Berlin gewechselt. Sein dortiger Trainer Sebastian Faust stieg 2016 aus dem Trainerjob aus.

Schöne Überraschung

Es folgte Hirsch junior. „Wenn man lange beim gleichen Trainer und im gleichen Umfeld trainiert, dann schläft das manchmal auch ein bisschen ein“, sagte Dauser zuletzt rückblickend auf die wenigen Jahre unter Hirsch. Die Chemie habe halt „nicht mehr gestimmt“. Der Sportsoldat Dauser schaute sich um und entschied sich für Halle, wo Nationalmannschaftskollege Nick Klessing bei Hubert Brylok das Turnen gelernt hat. „Ich war, ehrlich gesagt, schon ganz schön überrascht“, erzählt Brylok.

Immerhin war Dauser, die einzige deutsche Medaillenhoffnung der Männer in Tokio, damals schon der beste deutsche Mehrkämpfer. Obendrein kehrte kurz darauf auch Nils Dunkel Berlin und Robert Hirsch den Rücken zu. In Dortmund überraschte der Erfurter nur rund sechs Wochen nach einer Sprunggelenks-Operation mit einem stabilen Mehrkampf.

Ausgerechnet Halle, das just im vergangenen Jahr nach drei Jahrzehnten den Status als Bundesstützpunkt aberkannt bekommen hatte. „Ob das jetzt Bundesstützpunkt oder DTB-Stützpunkt heißt, das spielt letztlich überhaupt keine Rolle“, meint Hubert Brylok, „das hat überhaupt keine Folgen.“ Man sei in Halle insgesamt sehr gut aufgestellt, mit einem fünfköpfigen Trainerteam und einer der am besten ausgestatteten Hallen der Republik. ­Brylok, der in den achtziger Jahren DDR-Meister und Vize-Europameister im Turnen war, ist beim Landessportbund Sachsen-Anhalt angestellt.

Die neue Situation beschreibt er als „eine wunderbare positive Sache“. Die drei Turner seien völlig unterschiedliche Charaktere, die sich gegenseitig hochpushen würden. Deshalb empfinde er das nicht als Überlastung, sondern im Gegenteil als „eine Erleichterung in der Trainingsarbeit“. Das Wichtigste sei, dass alle drei Turner von dieser Konstellation profitieren. Und das haben sie in Dortmund eindrücklich bewiesen.

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