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Volker Weidermann verlässt den „Spiegel“Glück eines Kritikers

Nach sechs Jahren beim „Spiegel“ kündigt Weidermann. Der ehemalige Moderator des „Literarischen Quartetts“ hat eine Abschiedsmail geschrieben.

Volker Weidermann im unglücklichen Jahr 2017 Foto: dpa

„Der Schritt ist mir leichtgefallen.“ Allein für diesen Satz, der cool die gewohnte Floskel des für – wer weiß!? – künftige Verwendung absichernden Abschieds von einem Arbeitgeber zur Kenntlichkeit verzerrt, wäre Volker Weidermann zu preisen und zu beneiden.

Denn nichts lieber als so einen abgezockten Satz möchten ja viele, denen in der Pandemie einmal unverhüllt ihr wahrer Wert als abhängig Beschäftigte vor den Latz geknallt wurde, in die Hallen und Etagen ihrer Arbeitsstätte rausjagen. Haben sie doch letzthin deutlich Bescheid bekommen, etwa von Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, der Sorgfaltspflicht am Arbeitsplatz so definiert hat: „Es gilt nach dem Grundgesetz die Unantastbarkeit der Menschenwürde, aber das Recht auf ewiges Leben nicht.“

Wir alle sollen uns eben nicht fragen, was das System für uns tun kann, sondern was wir für das System tun können. Wir sollen, um aus Volker Weidermanns Abschiedsmail an seine Spiegel-Kol­le­g:in­nen zu zitieren, schlicht akzeptieren, wie es eben ist, und nicht „sagen, was nicht ist“, „sagen, was sonst noch so sein könnte“, „sagen, wie es besser wäre“, oder gar „sagen, was niemand sonst sich zu sagen traut“.

Was Weidermann beklagt und was das Medienportal Übermedien öffentlich gemacht hat, geht über Zustände beim Spiegel – „so ein großes, unglaublich einflussreiches Haus“ – hinaus. In einer Zeit, in der Nachrichten einem von jedem Bildschirm kostenlos nachgeworfen werden, ist das augsteinsche „Grundgesetz“ des „Sagens, was ist“, zu einer Weltbeschreibung zerronnen, die in jedem aufgedeckten Skandal nur die Abweichung von einer Normalität sieht, die wiederhergestellt werden muss. Dabei ist eben die Normalität das Problem.

Für ältere Herren

Der Spiegel in seiner gedruckten Form hat ganz haptisch zu kämpfen, weil er ein Gebilde ist, dass sich nicht wie eine in Bücher aufgeteilte Zeitung teilen lässt. Es ist ganz überwiegend der ältere, männliche, berufstätige Leser, der das Magazin zur Hand nimmt, es nach „was ist“-Versorgung ablegen oder weitergeben kann. Wenn Weidermann von „Angst, Misstrauen, Beharrungswillen, Unmut, Kontrollwahn“ schreibt, dann verkennt er möglicherweise, dass eben das Gefühle und Attitüden sind, die ein Großteil der Leserschaft selbst einbringt und gespiegelt sehen will.

Und das ist ja auch kein Wunder, hat doch die Pandemie nur die mindestens zwei Großkrisen und die eine globale Befreiungsideologie zeitweise überdeckt, die unsere Epoche prägen: die Klimakatastrophe, die von ihr mit ausgelöste verzweifelte Fluchtbewegung vieler Menschen und die größte antiautoritäre Bewegung im Westen seit 1968, für deren Kenntlichmachung hier die Schlagworte „Identitätspolitik“ und „Black Lives Matter“ genügen müssen.

In einer solchen Lage ist die von Weidermann beklagte Perspektivlosigkeit des Spiegel-Weltbilds genau das, was verängstigte Boomer kaufen, sozusagen die Wiederauflage von Themen und Sprache der 1980er Jahre in Dauerschleife, mit gelegentlichen Verirrungen in deutlich schlimmere Epochen der deutschen Geschichte. Und selbst das „Sagen, was ist“, gelingt eben durchaus nicht immer – aber so geht es uns natürlich allen.

Oder sollte er es lassen?

Angst macht depressiv oder verwandelt einen in einen Friedrich-Merz-Klon. Nur eine sinnvolle Tätigkeit schafft Glück. Das ist der zweite wichtige Aspekt von Weidermanns Mail: „Ich bin hier nicht glücklich gewesen.“ Zum Glück gehört das Beharren, es auch sein oder zumindest werden zu können, das der Literaturkritiker gegen Einwände verteidigt: „Ich weiß schon, viele sagen: Na, darauf kommt’s doch nicht an. Ich glaube doch, dass es darauf ankommt.“

Und weil wir mit Weidermanns Coolness begonnen haben, die er nicht zuletzt in seinem Kommentar zur Einladung der antisemitischen Possenreißerin Lisa Eckardt in das „Literarische Quartett“ an den Tag legte, hören wir mit ihr auch auf: Zur Coolness gehört nämlich, dass er seine durchaus auch sehr herzliche Abschiedsmail an die Kolleginnen und Kollegen beim Spiegel nicht weiter kommentiert. Und nun sein Glück als Feuilletonchef der Zeit sucht. Ob er das mal lieber gelassen hätte, wird die Zukunft weisen. Immerhin gibt es für ihn jetzt wieder eine.

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4 Kommentare

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  • Dieser Artikel ist so schlecht zu lesen, dass ich aufgegeben habe. Ist es denn nicht möglich, eingangs erst einmal den Sachverhalt darzustellen, um was es überhaupt geht? Und erst anschließend das Wie mit all seinen Facetten zu beleuchten? Zum Glück bin ich gleich runter gesprungen zu den Kommentaren (eigentlich nur, um meinen loszulassen), und habe dadurch erfahren, dass also der Spiegel-Literaturchef zur Leitung des Zeit-Feulliton gewechselt ist. Das zu wissen setzt der Artikel offensichtlich voraus, statt es in einem Halbsatz einmal zu erwähnen und damit Uneingeweihte ins Boot zu holen. Auch im weiteren Verlauf finde ich lauter Anspielungen, die zu verstehen es nötig ist, erst einmal alle Links anzuklicken. Wenn so etwas in einem Artikel gehäuft auftritt, dann empfinde ich das als Zumutung. Nach den ersten Absätzen hat mich das so genervt und abgeschreckt, dass ich mir den Rest gespart habe. Das nur als Feedback.

  • Vom Spiegel-Literaturchef zur Leitung des Zeit-Feullitons zu wechseln, ist nun nicht gerade ein Protest gegen die Boomer-Generation, oder gegen Medien für alte weiße berufstätige Männer (offenbar alles höchst verachtenswerte Eigenschaften) oder das was Herr Waibel für das "Spiegel-Weltbild" hält. Liest man die verlinkte email, scheint es Weidermann doch eher um das Klima, die Freiheitsgrade bei der Arbeit und die Atmosphäre im Haus zu gehen. Ich wünsche ihm viel Glück im neuen Job.

  • Spieglein , Spieglein an der Wand,



    da fährt eine Zeitung abwärs lang.

  • Liggers.

    Bei den noch älteren Herrschaften so wie mich.



    War‘s genau umgekehrt. Newahr.



    Erst war Donnerstag mit Theo Sommer “Helmut - du wirst dich nicht erinnern!“



    & der Fremdwörterverliebten Gräfin - nicht mehr Zeit-Tag!



    Lange es diese endgültig zur dahindümpelnden Fischeinwickelgazette darniederging!



    & Däh - erst danach - ab Mitte/Ende der 70er.



    War der Montag - Mir nicht mehr wie seit Schülerzeiten - Spiegel-Tag!



    War das eh nie ernsthaft gewesene selbsternannte “Sturmgeschütz der Demokratie“.



    Zu einem unlesbar-belanglosen Tischfeuerwerk - Verludert & Verkommen.

    kurz - Das Feuilleton der Zeit - Ja. Das - War mal brillant!



    Als die Zeit bekanntlich aus drei Teilen bestand! Long long time ago.



    Liggers. Waibels Ambros hat mit seiner abschließenden Sotisse mehr als recht •



    Normal.