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DOROTHEA HAHN ÜBER DIE RÄUMUNG EINES ZELTLAGERS BEI CALAISHeuchlerische Flüchtlingspolitik

So wie die Welt beschaffen ist, werden die Wanderungsbewegungen anhalten. Wer in Kriegs- und Elendsgebieten lebt und leidet, versucht, dorthin zu gelangen, wo es Geld, Arbeit, Bildung und Frieden gibt. Das ist menschlich und legitim. Und Teil jener planetaren Bewegung, die wir „Globalisierung“ nennen.

Auch in Zukunft werden Familien die Klügsten und Kräftigsten aus ihren Kreisen auswählen, um gemeinsam für die Kosten für die gefährliche Reise aufzukommen. In der Hoffnung, dass sie es „schaffen“, eines Tages Überweisungen nach Hause tätigen und andere Angehörige nachholen.

Es gehört zu den Heucheleien der europäischen Politik, die sich in den meisten EU-Mitgliedsländern auch auf nationaler Ebene wiederholt, zu suggerieren, dass ein Vorgehen gegen „illegale“ Einwanderer nur hart genug sein muss, um erfolgreich zu sein. Auffanglager in der Wüste in Nordafrika, elektronisch hochgerüstete Grenzen am Ostrand der EU, militärische Flüchtlings-Suchschiffe in Mittelmeer und Atlantik machen die heimliche Einwanderung nach Europa schwieriger und gefährlicher. Sie sorgen auch dafür, Erfolgszahlen für die Statistiken zu produzieren. Aber sie verhindern nicht die globalen Fluchtbewegungen.

Diese Logik gilt auch für den Polizeieinsatz im „Jungle“ von Calais. Eric Besson, der französische Minister für Immigration und nationale Identität, hat seiner Öffentlichkeit einen Tag lang Bilder von einer durchgreifenden Polizei gezeigt. Aber er hat das Problem der jungen Flüchtlinge aus Afghanistan nicht gelöst. Er hat es lediglich verlagert. Er treibt die Flüchtlinge in noch kleinere und noch prekärere Unterkünfte. Und er liefert sie noch stärker an jene Schleppermafia aus, die den Flüchtlingen ihren „Schutz“ für teures Geld verkauft.

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