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Polizeigewalt in BerlinPolizeieinsatz mit (späten) Folgen

Eine Demonstrantin erleidet bei antifaschistischer Demonstration Verletzungen – das ist rund 26 Jahre her. Der Rechtsstreit zieht sich bis heute hin.

Auch Demonstrierende in Kiel sind gegen Polizeigewalt Foto: picture alliance/dpa | Gregor Fischer

Berlin taz | Am Freitag (26. Februar) wird sich das Berliner Kammergericht mit den Folgen eines Polizeieinsatzes befassen, der fast 26 Jahre zurückliegt. Am 20. April 1995 beteiligte sich Iris K. an einer antifaschistischen Demonstration. Die 23. Einsatzhundertschaft stürmte in die Demonstration und verletzte mehrere TeilnehmerInnen, darunter Iris K. Das wurde ihr in einer Zivilklage bescheinigt.

Die verantwortlichen Polizisten konnten nicht ermittelt werden. Aber die Zivilklage hatte Erfolg: „Frau K. hat am 20.04.1995 durch einen Polizeieinsatz Verletzungen erlitten, für deren Folgen das Land Berlin einzustehen hat“, heißt es in einem der taz vorliegenden Schreiben der Senatsverwaltung für Finanzen vom Januar 2010.

Dort wird geschildert, wie K. von einem Polizisten in den Würgegriff genommen wurde und Schläge in dem Bereich der Halswirbelsäule sowie im Rippen- und Nierenbereich erhielt. „Die Gewaltanwendung führte zu einem Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule“, heißt es über die gesundheitlichen Folgen für K.

Auch eine finanzielle Entschädigung schien gesichert. Schließlich zahlte bereits 1998 das Land einen Betrag und sicherte zu, auch für später auftretende Folgen aufzukommen. Doch nachdem sich der gesundheitliche Zustand der Frau derart verschlechterte, dass sie ihren wissenschaftlichen Beruf nicht mehr ausüben konnte, bestritt das Land plötzlich einen Zusammenhang zwischen der Polizeigewalt und dem Bandscheibenvorfall.

Hoffen auf Berufung

Im März 2018 scheiterte die Frau mit einer Klage vor dem Berliner Landgericht (taz berichtete). Am Freitag findet in Saal 449 des Kammergerichts die Berufungsverhandlung gegen diese Klageabweisung statt. Rechtsanwalt Helmut Meyer-Dulheuer rechnet mit einer längeren Verfahrensdauer:

„Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren für unsere Mandantin gehen wir davon aus, dass das Kammergericht auch weiterhin eine hinreichende Erfolgsaussicht der eingelegten Berufung bejaht und die bereits erstinstanzlich von uns vergeblich geforderte weitere Begutachtung der Verursachung des jetzigen Leidenszustands unserer Mandantin veranlasst wird“, erklärt der Jurist gegenüber der taz.

Niklas Schrader, der für Die Linke im Abgeordnetenhaus sitzt, sieht im Gespräch mit der taz in diesem langen Kampf eines Polizeiopfers für Entschädigung eine Notwendigkeit für die kürzlich beschlossene Einführung eines unabhängigen Polizeibeauftragten in Berlin.

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