Masken in privaten Treppenhäusern: Wenn die Nachbarn nicht mitspielen
Wer ist dafür zuständig, in Treppenhäusern eine Maskenpflicht durchsetzen? Die Bremer Wohnungsbaugenossenschaft Gewoba tut sich schwer damit.
In ihrem Wohnhaus würde außer ihr und ihrem Mann kaum jemand eine Maske tragen. Und der Sicherheitsabstand von 1,5 Meter sei im gerade mal einen Meter breiten Treppenhaus unmöglich einzuhalten. Das Ansteckungsrisiko im Flur schätze sie höher ein als auf der Arbeit, wo Maskenpflicht herrsche. Entsprechend ungern gehe sie vor die Tür, wenn ihre Nachbar*innen die Treppe hoch- und runterlaufen. Neben dem mangelnden Willen, eine Maske aufzusetzen, funktioniere es in ihrem Haus auch mit dem Lüften nicht, moniert Falkenberg. „Die einen machen die Fenster auf, die anderen knallen sie zu.“
Ansteckungszahlen in Stadtteilen mit vielen Hochhäusern seien deutlich höher, und das liege sicherlich auch an den Wohnverhältnissen. „Jeden Abend wird in den Nachrichten gerätselt, woher die hohen Zahlen kommen, und jeden Tag sehe ich im Hausflur den Beweis.“ In einem offenen Brief an die Gewoba führte sie die regelmäßigen Verstöße auf und forderte zügiges Handeln.
Die geltende Maskenpflicht bestehe nicht in Treppenhaus- oder Kellerbereichen von Mehrfamilienhäusern, hieß es im Antwortschreiben, das der taz vorliegt. Kurze Begegnungen im Treppenhaus seien nach Stand der Wissenschaft zudem kein Risiko für eine Ansteckung. Der Eigentümer verwies auf die Coronaverordnungen der Stadt. Im März 2020 habe die Gewoba alle Mieter*innen zudem per Brief dazu aufgefordert, die geltenden Regeln einzuhalten. Die Verantwortung liege beim Individuum, nicht bei der Wohnungsbaugesellschaft.
Viola Falkenberg, Mieterin
Falkenberg protestierte. Die Mieter*innen würden von der Gewoba nicht ausreichend informiert. Dabei bestehe für die Vermieter*innenseite zumindest eine moralische Pflicht, darauf hinzuweisen. Entsprechende Aushänge gebe es nirgendwo. Nach mehrmaligem Schriftwechsel hingen plötzlich Hinweise im Infokasten neben der Haustür, berichtet sie. Eine Woche später auch im Nebenhaus.
Die Hinweise seien jedoch wenig aussagekräftig. Aus ihrer Sicht gehe daraus nicht einmal hervor, dass die Hygieneregeln auch im Haus gelten – und nicht nur im Supermarkt oder in der Straßenbahn. Gebracht habe es eh nichts, die Situation im Haus sei unverändert. „Natürlich spielen die Wohnverhältnisse eine Rolle bei der Ausbreitung“, sagt Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie an der Uni Bremen.
Kontaktvermeidung gestalte sich in engen Verhältnissen deutlich schwieriger. Zudem seien Quarantänen schlechter umzusetzen. Gemeinschaftlich genutzte Räume könnten durchaus Infektionsorte sein, wenn es zu engerem Kontakt komme – gerade mit Blick auf die neue, ansteckendere Variante des Coronavirus. Bei mangelnder Aerosolverteilung sollten Aufzüge vielleicht lieber ganz gemieden werden.
„Bei uns gelten die gleichen Coronaverordnungen wie überall sonst“, sagt Gewoba-Sprecherin Christine Dose auf Nachfrage. Der Abstand von 1,5 Metern sei einzuhalten, und wenn das nicht gehe, solle eine Maske getragen werden. Es sei aber nicht Aufgabe des Eigentümers, die Einhaltung der Regeln zu überwachen, sondern die der Stadt. Zur Information habe die Gewoba in den größeren Gebäuden Plakate zu den Schutzmaßnahmen aufgehängt. Die Plakate seien von der Stadt zur Verfügung gestellt worden und durch die eindeutige Bildsprache für alle Menschen verständlich. Allerdings würden sie immer entfernt. Die Treppenhäuser in größeren Objekten sowie die Aufzüge seien entsprechend des Brandschutzes und der Landesbauverordnung ausreichend durchlüftet.
Ulrich Schlüter, Ortsamtsleiter in Osterholz, sieht die Gewoba sehr wohl in der Pflicht. „Es ist Aufgabe des Eigentümers, das Hausrecht durchzusetzen und eine Maskenpflicht zu verordnen.“ Eine ältere Mieterin habe sich kürzlich bei ihm beschwert, dass sich in ihrem Haus häufig größere Menschengruppen im Eingang oder im Aufzug aufhalten würden, allesamt ohne Maske. Speziell in den Eingängen der Hochhäuser mit mehren Hundert Bewohner*innen sollte die Gewoba entsprechende Schilder anbringen und die Einhaltung überwachen. In Einkaufszentren würden private Sicherheitsdienste dafür sorgen, warum nicht auch in Wohnhäusern?
Dichte Bebauung führte zu hohen Fallzahlen
Tatsächlich seien Wohn- und Mietshäuser anders zu beurteilen als Nahverkehr oder Einzelhandel, sagt der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Lukas Fuhrmann. Es handele sich schließlich nicht um öffentlichen Raum. Eine Maskenpflicht zu verordnen, sei rechtlich schwieriger. Daher seien die Vermieter*innen gefordert, über die Hausordnung solche Regelungen vorzuschreiben.
Fuhrmann bestätigt, dass die Fallzahlen im November in Stadtteilen mit dichter Bebauung auffällig hoch waren. Ein Zusammenhang sei nicht bewiesen, liege jedoch nahe. Allerdings seien die Fallzahlen in allen Stadtteilen inzwischen deutlich gesunken, betont er. Ausreißer nach oben gebe es nicht mehr.
Brebau, die zweitgrößte Wohnungsgesellschaft Bremens, setzt ebenfalls auf Hinweisschilder und die Eigenverantwortung der Mieter*innen. In allen Häusern gebe es sie in den Hauseingängen, in den Fahrstuhlbereichen sowie in den Büros der Hauswarte, teilt Sprecherin Sabine Dorn mit. Aufzüge seien ausreichend durchlüftet und alle Treppenhäuser würden über Fenster verfügen.
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