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Rechter Terroranschlag in HanauPanne und Gedenken

Der Hessische Landtag verspricht entschiedenen Kampf gegen Rassismus. Am selben Tag räumt Innenminister Beuth Pannen in der Tatnacht von Hanau ein.

Angehörige des Anschlags und Abgeordnete gedenken am Dienstag der Opfer im hessischen Landtag Foto: Andreas Arnold/dpa

Berlin taz | Am Dienstagnachmittag hat der Hessische Landtag an die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags von Hanau erinnert. Knapp ein Jahr nachdem neun Menschen mit Migrationsgeschichte getötet worden waren, versprach Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) vor Ver­tre­te­r:in­nen aller Fraktionen den Angehörigen und Überlebenden einen entschiedenen Kampf gegen jede Form von Rassismus, Hass und Hetze.

„Für uns alle bleibt diese Nacht ein unauslöschbares Datum“, sagte Rhein. Dieser Landtag werde das Andenken an die neun getöteten Menschen nicht vergessen. Rhein verlas ihre Namen und dankte allen Angehörigen, die für die Gedenkfeier in den Landtag gekommen waren. Rhein erinnerte auch an das Holocaustgedenken von vor einer Woche. „Wir erkennen, dass wir 76 Jahre nach der Shoah ein offensichtliches und bedrohliches Problem mit Rechtsextremismus und Rassismus haben.“

NSU, Halle, Lübcke, Hanau. Wer jetzt „Wehret den Anfängen“ rufe, meine es gut, habe aber nicht verstanden, dass die Gesellschaft bereits mittendrin sei. Zu den Angehörigen sagte Rhein: Er wisse, dass es lange dauern werde, bis sie sich in ihrem Land wieder sicher fühlen könnten.

Zu dieser Einschätzung passen die Nachrichten aus dem hessischen Innenministerium, die kurz vor der Gedenkfeier bekannt wurde. Dort räumte Innenminister Peter Beuth (CDU) einen Engpass beim Notruf der Hanauer Polizeistation in der Tatnacht ein. „Es ist richtig, dass die Polizeistation nur eine begrenzte Anzahl von Anrufen in dieser Nacht entgegennehmen konnte“, erklärte Beuth. Eine Weiterleitung von vielen gleichzeitig eintreffenden Notrufen sei zum Zeitpunkt der Tatnacht technisch nicht möglich gewesen.

Nicht die erste Panne, die bekannt wird

Recherchen von „Monitor“, „Hessischer Rundfunk“ und Spiegel hatten ergeben, dass während der Tatzeit zwischen 21:55 Uhr und 22:09 Uhr gerade einmal fünf Anrufe über den Polizeinotruf 110 registriert wurden. Offenbar sind aber viele Notrufe nicht durchgekommen.

Zahlreiche Zeugen hätten unabhängig voneinander berichtet, dass die 110 während der Tatzeit nicht erreichbar gewesen sei. Po­li­zei­ex­per­t:in­nen hatten sich dazu irritiert geäußert und eine Untersuchung der Vorwürfe gefordert. Die Hanauer Staatsanwaltschaft leitete ein Prüfverfahren ein. Zuvor hatte sie im Zusammenhang mit einer möglicherweise verschlossenen Notausgangstür an einem der Tatorte bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Innenminister Beuth kündigte am Dienstag Verbesserungen an. Mit dem Umzug des Polizeipräsidiums Südosthessen in die neue Dienststelle werde eine Zentralisierung aller polizeilichen Notrufe des Zuständigkeitsbereichs in einer Leitstelle realisiert.

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Nach der Tat soll er auch seine Mutter umgebracht haben, bevor er sich selbst tötete. (mit dpa)

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2 Kommentare

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  • Noch eine Information zum Notrufthema und warum das so wichtig für dieses Attentat ist.

    Einer der Ermordeten, Vili Viorel Păun, ist anscheinend dem Attentäter nachgefahren um ihn aufzuhalten. Die ersten Schüsse am Hanauer Heumarkt, sind in der Nähe seiner Wohnung erfolgt und dort soll er dem Attentäter zum ersten mal getroffen haben, das legt zumindest ein Überwachungsvideo nahe.

    Erschossen wird Vili Viorel Păun in Kesselstadt in seinem Auto und zwischen diesen beiden Orten, von 21.57 - 21.59 ruft er 3x 110 an, kommt aber nicht einmal durch.

    Wäre er auch dagewesen, wenn die Polizei rangegangen wäre? Wir sind unterwegs, bleib da weg. Da der Attentäter tot ist, wird es auch keinen Prozess geben, um das zu klären.

    www.hessenschau.de...paun-held-100.html

    • @Sven Günther:

      Offtopic, Peter Beuth ist ein Totalausfall und eine absolute Vollkatastrophe, nicht einmal Landschaftspfleger dürfte der hier in Hessen noch sein.

      NSU, die Akten des hessischen "Verfassungsschutzes" durch Beuth 120 Jahre im Giftschrank eingesperrt.

      Eintracht Fans durch die Polizei ins Krankenhaus geschickt, der Innenminister steht hinter der Polizei, das Verfahren auf Schadenersatz hat man verloren...

      Drohbriefe NSU 2.0. Daten anscheinend vom Polizeicomputer.

      Beuth bei einer Karnevalsrede: "Vor dem Flüchtlingsverwalter verschleiert mancher gern sein Alter. Das stellt unseren Staat fast bloß, macht Bürger ganz verständnislos."

      Parteifreundinnen lukrative Posten zuschanzen, wir haben dank Peter jetzt eine haupamtliche Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, 7.600,- EUR Brutto im Monat.

      Und das geht noch weiter, es gibt nur noch eine Möglichkeit, wenn die Union es nicht selbst macht, Tarek stell ihm den Stuhl auf den Bürgersteig.