Armeechef von Myanmar: Putschist wurde von der EU hofiert
Myanmars mächtigster Militär Min Aung Hlaing trieb den Völkermord an den Rohingya mit voran. Dennoch war er 2017 auch in Deutschland zu Gast.
Er wirkt harmlos: Seitenscheitel, Brille und milder Gesichtsausdruck dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Armeechef Min Aung Hlaing als Hardliner berüchtigt ist. Bevor er in die Armee eintrat, hatte er zwischen 1972 und 1973 Rechtswissenschaften in Rangun studiert. Im Jahr 2007 soll er die blutige Niederschlagung der von Mönchen angeführten Proteste gegen die damalige Junta unterstützt haben. Zwei Jahre später führte er eine Offensive gegen Aufständische in der autonomen Kokang-Region nahe der Grenze zu China an. Als Nachfolger des langjährigen Juntachefs Than Shwe rückte er dann Ende März 2011 an die Militärspitze auf.
In die Schlagzeilen geriet Min Aung Hlaing wegen der brutalen Verfolgung der Rohingya. Die Offensiven gegen die muslimische Volksgruppe vom Oktober 2016 und August 2017 rechtfertigte er mit „Antiterrormaßnahmen“, nachdem die Rohingya-Miliz Arsa Polizeiposten im Bundesstaat Rakhine überfallen hatte. Die Massenflucht der Rohingya nach Bangladesch spielte er als „Rückkehr der Bengalis in deren angestammte Heimat“ herunter. Im August 2018 ließ Facebook mehrere Zugänge in Myanmar wegen Verbreitung von Hass und Hetze sperren, darunter den von Min Aung Hlaing.
Als Armeechef ist der 64-Jährige Mitglied des „Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrates“, des wohl mächtigsten Exekutivgremiums im Land. Zugleich ist er einer der Hauptanteilseigner des von der früheren Junta 1990 gegründeten milliardenschweren Konglomerats Myanmar Economic Holdings Limited.
Das Verhältnis zur nun gestürzten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi galt als zunehmend zerrüttet. Obwohl die Friedensnobelpreisträgerin die Verbrechen der Armee an den Rohingya und weiteren ethnischen Minderheiten öffentlich verteidigt hatte, soll Min Aung Hlaing einmal erklärt haben, er möge Suu Kyi nicht unbedingt, habe aber keine andere Option, als mit ihr zu arbeiten.
Derweil steht Min Aung Hlaing neben Suu Kyi verstärkt im Fadenkreuz der internationalen Justiz. UNO und Menschenrechtler werfen Myanmar Völkermord an den Rohingya vor. Noch während es schon erste detaillierte Berichte über die Verbrechen gab, war Myanmars mächtigstem Militär zwischenzeitlich auch im Westen der rote Teppich ausgerollt worden: So war Min Aung Hlaing im November 2016 zu einem Treffen des EU-Militärausschusses in Brüssel eingeladen worden. Im April 2017 war er nach Deutschland und Österreich geflogen.
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