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Dass Quarterbacks auch im reiferen Alter zu Höchstleistungen fähig sind, unterstreicht einmal mehr Tom Brady, 43. Er schlägt Drew Brees, 42

Es gibt mehrere Möglichkeiten, als älterer Athlet Sport zu treiben. Man könnte Darts werfen, im Boxring einen anderen, viel jüngeren Typen verhauen, als reifer Schachspieler reüssieren – oder Quarterback in der National Football League (NFL) werden. Die Aussichten, bis weit in die eigenen 40er den Ball zu werfen und Touchdowns einzuleiten, sind in dem Rauf- und Raumeroberungssport nicht so gering. George Blanda war noch mit 48 bei den Oakland Raiders aktiv, aber auch die Quarterbacks Steve DeBerg, Warren Moon, Vinny Testaverde, Doug Flutie oder Brett Favre waren schon über 40, als sie ihre Rolle als Spielgestalter noch ausfüllten. Wer es schafft, größere Verletzungen zu vermeiden, Wehwehchen, die durch die heranstürmenden Fleischberge eigentlich unvermeidlich sind, der kann sein strategisches Wissen auch mit 43 nutzen – so wie Tom Brady, der dem Alterungsprozess mit einer ausgeklügelten Diät und gezieltem Krafttraining zu begegnen versucht.

Es scheint zu funktionieren, denn Brady ist mit seinem Team, den Tampa Bay Buccaneers, ins Halbfinale der NFL eingezogen. Am Wochenende trifft die Mannschaft aus Florida in der Eiseskälte von Wisconsin auf die Green Bay Packers mit ihrem grandios aufspielenden Quarterback Aaron Rodgers, der auch schon 37 Jahre alt ist, aber die Saison seines Lebens spielt (Quarterback Rating in der regulären Spielzeit: 121,5 Punkte). Um in ein paar Tagen bei Minusgraden und beißendem Wind in der Kleinstadt am Michigansee spielen zu können, mussten Bradys Buccaneers allerdings erst die New Orleans Saints mit 30:20 aus dem Weg räumen. Die wurden angeführt vom 42-jährigen Drew Brees, noch so ein alter Mann mit einer spektakulären Karriere. Brees kommt zwar nicht an die Erfolge eines Brady heran, der sechs Mal die Super Bowl gewonnen hat, aber Brees hält immerhin den Rekord für die meisten Passing-Yards in einer Werferkarriere (77.612) – um nur ein statistisches Highlight zu nennen.

Das Aufeinandertreffen wurde zum Duell der Veteranen, zum Showdown der Legenden hochgejazzt, doch das Spiel enttäuschte über weite Strecken. Brady spulte sein Pensum ab, hatte Glück, dass drei seiner Pässe nicht abgefangen wurden, Brees wiederum erwischte einen schwarzen Tag mit drei Interceptions. Seine Bälle warf er ohne Druck und die gewohnte Präzision. Ihm war anzumerken, dass er die Nachwirkungen einer Verletzung spürte. Im November hatte er einen harten Hit einstecken müssen: Brees erlitt dabei elf Rippenbrüche. Dazu war sein rechter Lungenflügel kollabiert. Er stand zwar relativ schnell wieder auf dem Feld, besondere Oberkörper-Protektoren sollten seine vulnerablen Stellen schützen, doch die Hoffnung, sein Erfahrungsschatz und Improvisationstalent könnten eine gewisse physische Unpässlichkeit kompensieren, erfüllte sich im Viertelfinalspiel gegen Tampa Bay nicht.

So wird nun darüber spekuliert, ob es Brees’ letztes NFL-Spiel gewesen sein könnte. Er selbst wollte sich noch nicht festlegen: „Ich werde mir selbst die Gelegenheit geben, über die Saison und viele Dinge nachzudenken, so wie auch vergangenes Jahr, und dann eine Entscheidung treffen“, sagte der 42-Jährige. Einen Vertrag als Experte beim Fernsehsender NBC für die Zeit nach seiner Karriere hat Brees wohl schon im Frühjahr unterschrieben. In dieser neuen Rolle müsste er eine Vorstellung wie die vom Sonntag scharf kritisieren. Aber auch als noch aktiver Profi war er ehrlich zu sich selbst: „Das darfst du nicht machen, weil deren Angriff so gut ist“, sagte der alte Mann. Markus Völker

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