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Sparprogramm beim NDRDurch- und weggezappt

Der NDR kürzt „Zapp“, Deutschlands einzigem TV-Medienmagazin, das Budget. Die Redaktion ist künftig im Netz präsenter.

Moderieren bisher „Zapp“ im Fernsehen: Constantin Schreiber, Kathrin Drehkopf und Johannes Jolmes Foto: Thorsten jander/NDR

„Das NDR-Medienmagazin ‚Zapp‘ baut sein Online- und Social-Media-Angebot aus“, hieß es vergangene Woche in einer Meldung des Norddeutschen Rundfunk. Und weiter: „Ab Januar 2021 ist ‚Zapp‘ mit Berichten und Reportagen aus der Welt der Medien verstärkt auf NDR.de, in der ARD-Mediathek, auf dem eigenen Youtube-Kanal und verschiedenen sozialen Netzwerken präsent.“

So fangen sie eben an, die Spar­ansagen der Öffentlich-Rechtlichen. Dass Deutschlands einziges TV-Medienmagazin (Dis­claimer: Ich war hier 2013–14 selbst mal Redakteur) künftig nicht mehr im Wochenrhythmus, sondern nur noch einmal im Monat im NDR Fernsehen zu sehen sein wird, steht natürlich erst viel weiter hinten.

„Wir haben schon lange an der Konzeption gearbeitet, uns stärker und vor allem breiter online aufzustellen und selber das Angebot gemacht, auf 12 Sendungen pro Jahr zu gehen“, sagt „Zapp“-Redaktionsleiterin Annette Leiterer. Dass gekürzt werden müsse, habe schon lange festgestanden, nun muss „Zapp“ mit knapp einem Viertel weniger Etat auskommen, als bislang für die zuletzt 36 TV-Ausgaben zur Verfügung stand.

Dafür gibt es künftig wöchentlich einen längeren monothematischen Beitrag online. Das TV-Magazin präsentiert daraus dann im Regelfall ein „Best of“, kann aber auch aktuelle „Specials“ produzieren. „Zapp“ wolle sich auch im „gesamten ARD-Angebot mit Medienthemen kenntlicher machen“, sagt Leiterer. Das bedeutet also, das „Zapp“-Team wolle das gesamte TV-Programm inklusive des Ersten und den Hörfunk bedienen. Im neuen Onlinekonzept steht jetzt auch die Vermittlung von Medienkompetenz ganz vorn.

Wenn die Abwurfstelle verloren geht

Es ist der alte Ansatz: „Medienjournalismus kann überall stattfinden, nicht nur in Fachmagazinen“, der hier gefahren wird. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass die Medienthemen dann mit den ganz großen Brocken wie Corona, den Entwicklungen in den USA oder der K-Frage hierzulande um Plätze in den Nachrichten und anderswo konkurrieren müssen. Was passiert, wenn die garantierte „Abwurfstelle“, also die Fachsendung, verloren geht oder drastisch beschnitten wird, konnte man bei der Zeit oder im Spiegel besichtigen. Seitdem hier die Medienseite(n) beziehungsweise die Medienressorts abgeschafft wurden, hat die Zahl der verhandelten Medienthemen massiv abgenommen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steckt noch dazu in der Klemme. Er muss und will sich nach eigener Aussage seinem gesamten Publikum stärker und besser erklären als bisher. Ob es da klug ist, das einzige Medienmagazin im Fernsehen derart einzudampfen?

Im Redaktionsumfeld ist man froh, dass „Zapp“ überhaupt so weitermachen kann. Der NDR ist gerade mitten im größten Sparprogramm seiner Geschichte. 300 Millionen Euro soll er bis 2024 einsparen.

Die NDR-Sparkurs-Ampel, nach der das „Beste am Norden“ (NDR-Slogan) geprüft wurde, zeigte für die Sendung „Zapp“ gelb. Grün bedeutet weiter wie bisher, Rot das Aus. „Das ist ein Zeichen, dass man hier etwas erhalten will“, sagt eine freie Mitarbeiter*in. Für die wird es jetzt bei „Zapp“ allerdings enger. Denn die Etatkürzung bedeutet natürlich weniger Aufträge, und damit weniger Honorare für Freie. „Früher konnte man sagen, ‚Zapp‘ ist meine Sendung, da verdiene ich mein Geld. Das wird jetzt schwierig.“

Auf Youtube läuft's

Dass der erste Beitrag nach der neuen „Zapp“-Rechnung in vier Tagen schon gut 45.000 Mal geklickt wurde, stimmt Annette Leitere jedenfalls zuversichtlich. Zumal es um ein wichtiges, aber eher hintergründiges Thema geht. Der Film porträtiert den „Fixer“ Norayr Iskandaryan, der im Armenienkrieg ausländischen Jour­na­lis­t*in­nen ihre Arbeit überhaupt erst ermöglichte. „Natürlich müssen wir hier noch mehr Gespür für das Netzpublikum entwickeln“, so Redaktionsleiterin Annette Leiterer.

Auf Youtube läuft’s schon mal und ab März startet „Zapp“ auch auf Instagram. Das erste Special im TV läuft am 17. Februar – Thema, passend zu einem Jahr Corona: das nicht immer einfache Verhältnis von Journalismus und Wissenschaft.

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10 Kommentare

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  • 1G
    164 (Profil gelöscht)

    Wenn man in ör-Medien nicht bespart werden will, dann muss man einfach nur was mit Fußball machen: "Entsprechend gut gelaunt präsentierte sich Seifert also, als er am Donnerstagmittag in Frankfurt erst vor die Mitgliederversammlung der 36 Profi-Klubs und dann vor die Presse trat, um das Ergebnis der Ausschreibung zu verkünden: Etwas mehr als 4,6 Milliarden Euro bringt die Vergabe der nationalen Medienrechte für den neuen Zyklus von 2017 bis 2021, also zirka 1,16 Milliarden Euro pro Jahr. Das bedeutet gegenüber dem durchschnittlichen Wert des aktuellen Vier-Jahres-Zeitraumes eine Steigerung von 85 Prozent." (die SZ über die Bundesliga-Rechte-Auktion 2016) Und das ist doch auch schön! Wer braucht schon "Medienkompetenz".

    • @164 (Profil gelöscht):

      richtig, der Fußball liebende Harz4ler oder Armutsrenter kann da ja gerne drauf verzichten. Oder man sammelt halt Flaschen, oder Containert... irgenwie kann man sich das Skyabo schon zusammensparen!

      Irgendwie gibts noch immer Viele die den Auftrag des ÖR nicht verstehen: ein gemeinschaftlich finanzierter, nicht diskriminierender Zugang zu Medien - nicht nur Dokus und Übertragungen aus dem Bundestag. Nein, es geht dediziert um ein umfassendes!!! Angebot.

      • @danny schneider:

        Ich als ZAPPliebender ALG2 Empfänger bin auch Fußballfan, aber trotzdem oder gerade deswegen kritisiere ich die horrenden Ausgaben für Fußballrechte und das Einsparen bei Sendungen mit absolutem Mehrwert wie ZAPP.

      • 1G
        164 (Profil gelöscht)
        @danny schneider:

        Naja. Ein bisschen lustig ist das schon, wenn der "Fußball liebende Hartz4ler oder Armutsrentner" als Kronzeuge für derartig durch jede Decke schießende Preise herhält, während vergleichsweise preiswerte Angebote, wie eben hier "Zapp", oder auch ein redaktionelles Musikprogramm abseits des gängigen Popmampfs klein- oder weggespart werden. Hast Du das Gefühl, dass Fußball irgendwie langsam aber sicher marginalisiert wird in den ör? Nein? Ich auch nicht.

        • @164 (Profil gelöscht):

          es gefällt mir auch nicht, ist für mich aber kein Argument den ÖR kaputt zu machen... eher sollte man sich fragen ob Vereine mit einen "e.V" über ihre Dachorganisation so agieren dürfen.

          Man könnte ja Vereine mit "e.V." verpflichten dem ÖR Rechte zu fairen Preisen zur Verfügung zu stellen.

          Sagen wir 40 Vereine = 40 Mio. im Jahr. Fertig!

  • Schade... wenn man zufällig drübergezappt ist, ist man häufig hängen geblieben. Übrigens etwas das nur lineares TV & Radio richtig leisten kann: einem zufällig etwas Neues präsentieren das normalerweise außerhalb der eigenen Wahrnehmung liegt.

  • Sendungen übers Netz verfügbar zu machen ist schon ok. Ob es nun aber Youtube als Plattform sein muss?

    Pro: Die Plattform funktioniert technisch und es ist sicher preiswerter, sie zu nutzen

    Contra: Die Plattform ist in der Hand einer Privatfirma

  • „Natürlich müssen wir hier noch mehr Gespür für das Netzpublikum entwickeln“, so Redaktionsleiterin Annette Leiterer.

    Hat Zapp doch schon in de Folge bewiesen.

    Man hat diese absolute Unsitte in Deutschland abgestreift, klar englisch sprechende Menschen auf deutsch zu dubben. Wer des Englisch nicht gut mächtig ist, kann den Untertitel anschalten.



    War für mich ein absoluter Pluspunkt, wäre im linearen TV nie so gelaufen.

  • Mal wieder typisch, dort zu kürzen wo es am meisten brennt. Hätten wir einen starken Medienjournalismus, wäre die CDU/CSU mit ihrer Verachtung für die politische Unabhängigkeit der ÖR-Medien nicht so einfach davongekommen: de.wikipedia.org/w...rtragsverlängerung