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Private KrankenversicherungenCovid-19-Willkür in der Assekuranz

Ein positiver Coronatest könnte beim Abschluss einer privaten Kranken- oder Zusatzversicherung Probleme machen. Anbieter verfahren unterschiedlich.

Ein positiver Coronatest hat möglicherweise nicht nur für die Gesundheit Folgen Foto: Ole Spata/dpa

Berlin taz | Eine Einzelzimmer-Zusatzversicherung fürs Krankenhaus oder der Wechsel von einer gesetzlichen Krankenkasse in die private Krankenversicherung – nach einem positiven Coronatest kann das heikel werden. Das gilt erst recht, wenn die Infektion mit einer Erkrankung verbunden war.

Vor dem Abschluss einer privaten Krankenversicherung – ob als volle Absicherung oder als Zusatz zur gesetzlichen Krankenkasse – fragen Unternehmen potenzielle Neukund:innen generell nach bestehenden und überstandenen Krankheiten, Behandlungen und Untersuchungen. Erkrankungen wie Covid-19 dürfen nicht verschwiegen werden, sonst können Kund:innen ihren Versicherungsschutz verlieren – was teuer werden kann. Bei gesetzlichen Krankenkassen gibt es keine Gesundheitsprüfung, außer sie vermitteln ihren Mitgliedern Zusatzpolicen etwa fürs Einzelzimmer in der Klinik, bei denen sie mit privaten Anbietern zusammenarbeiten.

Das Problem bei Corona: Die privaten Krankenversicherer fragen vor einem Vertragsabschluss nicht gezielt nach einem Coronatest. Eine Reihe von Gesellschaften geht aber davon aus, dass Kunden ein positives Testergebnis angeben müssen. „Eine Corona-Erkrankung und auch ein positiver Coronatest fallen grundsätzlich unter die Angaben, die ein Antragsteller machen muss, da es sich um Behandlungen beziehungsweise Untersuchungen handelt, nach denen wir fragen“, sagt ein Sprecher des größten deutschen Krankenversicherers Debeka der taz. Bei einem positiven Test­ergebnis will der Versicherer mehr wissen. „Bei Beschwerden stellen wir den Antrag zurück, bis eine Entscheidung möglich ist“, sagt der Sprecher.

Die Deutsche Krankenversicherung, zweitgrößter Anbieter, laviert bei der Frage, ob ein positives Testergebnis angegeben werden muss. Zu einem eindeutigen Ja oder Nein kann sich die Pressestelle nicht durchringen. Nach einem Test werde nicht gefragt, sagt ein Sprecher nur. „Relevante Gesundheitsbeschwerden müssen aber natürlich bei den standardmäßigen Gesundheitsfragen angegeben werden.“ Bei einer Covid-Erkrankung prüft der Versicherer auch hier den Fall eingehend. Ob der Kunde einen Vertrag ohne Risikozuschlag bekommt oder abgelehnt wird, hängt davon ab, für wie schwerwiegend er die Erkrankung hält. Offenbar sind die Kriterien dafür aber noch nicht abschließend festgelegt. „Die Entwicklung der Covid-19-Situation und ein möglicher Einfluss auf die Risikobewertung wird stetig beobachtet und sofern erforderlich auch entsprechend angepasst“, sagt der Sprecher.

Branche geht nicht einheitlich vor

Andere Anbieter halten die Angabe eines positiven Tests nicht für nötig. „Ein Coronatest alleine ist nicht anzeigepflichtig“, sagt eine Sprecherin der Barmenia-Krankenversicherung. „Es ist nur die Diagnose Covid-19 anzeigepflichtig.“ Bei einer vollständigen Genesung sei eine Annahme ohne Einschränkungen möglich. Je nach Krankheitsverlauf oder Folgen müssen Kund:innen mit einer Ablehnung rechnen.

Auch die Signal Iduna hält die Information über einen Test alleine nicht für selbstverständlich. „Im Zusammenhang mit Corona beziehungsweise Covid-19 sind im Antrag nur Angaben zu machen, wenn eine ärztliche Behandlung stattgefunden hat oder diese durch einen Arzt angeraten wurde“, sagt eine Sprecherin. „Anträge von Personen, die sich in einer laufenden Behandlung befinden, werden generell zurückgestellt. So verhält es sich auch bei einer Covid-19-Erkrankung.“ Wer die Erkrankung überstanden hat und deswegen nur ambulant behandelt wurde, kann einen Vertrag bekommen, wenn er eine Bestätigung vorlegen kann, dass die Erkrankung folgenlos ausgeheilt ist. Bei einer stationären Behandlung und Folgeerscheinungen prüft der Versicherer den jeweiligen Fall.

Bloß nicht schwindeln!

Für Verbraucher:innen mit einem positiven Coronatest ist die aktuelle Lage schwierig, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. „Sie sind der Willkür der einzelnen Versicherer ausgesetzt.“ Grundsätzlich müssen Kund:innen nur das beantworten, wonach sie gefragt werden. Ob der Versicherer einen Coronatest als Untersuchung ansieht oder ab wann er Symptome als Erkrankung einstuft, können sie nicht wissen. Eines bringt nichts, warnt Boss: zu lügen. „Der Versicherer findet das heraus und dann ist der Vertrag ungültig und der Kunde hat jahrelang umsonst Beiträge gezahlt.“ Sie empfiehlt Betroffenen, sich von unabhängigen Expert:innen vor einem Abschluss beraten zu lassen.

Jochen Sunken von der Verbraucherzentrale Hamburg rät, einen positiven Coronatest anzugeben – auch auf die Gefahr hin, dass der Versicherer nachbohrt oder sogar einen Risikoaufschlag erhebt. „Das ist besser, als hinterher darüber zu streiten“, sagt er.

Gesundheitsfragen spielen auch bei der Berufsunfähigkeits- und der Risikolebensversicherung eine wichtige Rolle. Auf Kulanz sollten Verbraucher:innen nicht hoffen. Die Versicherungsbranche hat bislang in der Coronakrise keine gute Figur gemacht. Zahlreiche Unternehmen weigern sich, Gastwirt:innen wegen der Pandemie eine Entschädigung zu zahlen, die eine Betriebsunterbrechungspolice abgeschlossen hatten.

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1 Kommentar

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  • Private Krankenversicherer lehnen wegen allen möglichen Vorerkrankungen jemanden ab. Ich hätte 30% Zuschlag zahlen müssen wegen tatsächlich einmaliger Krankschreibung wegen Rückenschmerzen in 5 Jahren. Das ist nichts Neues. Nur gesunde junge Menschen sind gewünscht.