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Stichwahlen im US-Staat GeorgiaKnapp, aber sensationell

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Die Demokraten gewinnen wahrscheinlich beide Senator*innensitze für Georgia. Republikaner können auch dort verlieren, wo sie immer gewonnen haben.

Unterstützer*innen der Demokraten in Atlanta am Dienstag Foto: Jonathan Ernst/reuters

M indestens einer der beiden bislang von Republikaner*innen gehaltenen US-Senatssitze im Bundesstaat Georgia fällt an die Demo­krat*in­nen. Zum Redaktionsschluss dieses Textes ist der Abstand zwischen den beiden Kandidaten beim zweiten Sitz noch zu klein, um das Endergebnis zu wissen – aber es sieht gut aus für den demokratischen Herausforderer Jon Ossoff. Gewinnt er, stünde es im zukünftigen US-Senat 50:50, und mit der Stimme der zukünftigen Vizepräsidentin Kamala Harris hätten die Demokrat*innen die knappmöglichste Mehrheit.

Man kann bestaunen und sich die Haare raufen, dass zwei republikanische Senator*innen, die Anfang 2020 nichts Besseres zu tun hatten, als öffentlich die Coronapandemie herunterzuspielen, im Wissen um deren Gefährlichkeit aber private Aktiengeschäfte abzuschließen, überhaupt kandidieren konnten und dann auch noch nur äußerst knapp die Mehrheiten verfehlen. Aber das hieße, die Sensation zu übersehen, die sich in Georgia abspielt.

Noch nie hat ein Demokrat bei Stichwahlen in dem traditionell konservativen Südstaat gewinnen können. Und jetzt sorgt Georgia womöglich dafür, dass die Republikaner*innen die Kontrolle über den Senat verlieren. Georgia zeigt: Wenn ihr Versuch scheitert, Schwarze, Asian Americans und Latinos vom Wählen abzuhalten, können Republikaner auch da verlieren, wo sie immer gewonnen haben.

Und: Nirgendwo sonst ist die Spaltung der Partei durch den amtierenden Präsidenten so deutlich geworden wie im Georgia der vergangenen Tage. Trump setzte die republikanisch geführte Wahlbehörde des Bundesstaats unter Druck, sie möge die Wahlergebnisse zu seinen Gunsten fälschen – und deren Vertreter widerstanden. Die Kandidaten aber luden Trump als Helfer ein, der noch am Montag seine Lügen über Wahlbetrug wiederholte. Mehr Dissens geht nicht.

Wenn Georgia jetzt wirklich an die Demokraten geht, verliert damit auch Trump. Für die Republikaner wäre das ein Segen. Für die Demokraten auch.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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3 Kommentare

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  • Ich hoffe der letzte Absatz i. B. hat bestand.

    Ich habe mir die Rede von D. Trump in W.angehört.

    Oh, man*in, da komm ich schon ins Grübeln.

    Ich bin kein Experte aber die Rede, zerlegt in Sprache, Pausen, Mimik, Gestik, Tonfall, Lüge, erinnert mich an Joseph Goebbels.(Aufzeichnungen) Ein Sohn von D. Trump wollte ja schon den totalen Krieg.

    Bleibt zu hoffen das (Trump)+74 Millionen Wähler einer" totalen "Sinneswandlung zugeführt werden(können).

    • @Ringelnatz1:

      Könnten Sie einen Link bereitstellen?

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @S.R.:

        Trump im Original:

        ""........ you will have a president who lost all of these states and stupid people voted for, an illegitimate president.""

        ""I had to beat Stacy Abrams. and I had to beat Oprah...Believe it or not, she used to like me. I had to campaign against Barack Hussein Obama and Michelle Obama. And Stacy Abrams.

        Die Antwort einer bekannteren Journalistin darauf:

        I spent a while trying to find a way to intro that and gave up.

        Diese Trumpsprüche sind wohl eher für einen Psychologen interessant - um das Fehlen einer Reihe von Latten im Zaun anschaulich zu attestieren.

        Trumps Ankündigung damit der Mob das Capitol verlässt -- Er war von vielen Seiten, auch von Biden -- aufgefotdert worden dem Mob zu verkünden das Gebäude zu verlassen:

        "So go home, we love you, you're very special, you've seen what happens, you've seen the way others are treated that are so bad and so evil. I know how you feel, but go home and go home in peace."

        Was gleichzeitig anschaulich darlegt wer den Mob am Nachmittag aufgewiegelt hatte.